Samstag, 14. Juli

 

Wir dürfen zum Glück stehen bleiben und schlafen aus bis um 9 Uhr. Im Vergleich zu Trondheim ist Kristiansand eher unscheinbar und so machen wir uns auf den Weg nach Alesund, dem Kleinod am Atlantik. Wir wählen die Route über die Atlantikstraße.

 

Atlanterhavsveien- die sensationelle Atllantikstraße

 

Acht zum Teil gewaltige Brücken verknüpfen die vorgelagerten Schäreninseln miteinander und ermöglichen damit eine direkte Verbindung zur Insel Averoya über die berühmte und berüchtigte Hustadbucht hinweg. Sie ist Hauptpassage vieler Handelsschiffe und zahlreiche Wracks auf dem Meeresgrund zeugen von der traurigen Seite der Seefahrt. Die Atlantikstraße ist in ihrer Art einmalig, denn ihr Weg führt über die Inseln und Schären und ist äußerster Punkt des Festlandes. Näher kommt man mit dem Fahrzeug nicht an die See. Ihr Streckenverlauf und die Architektur kürten sie  2005 zu Norwegens Bauwerks des Jahrhunderts. Es gibt zahlreiche Parkbuchten und Picknickplätze zum verweilen und fotografieren, die heute gut gefüllt sind. Wir fahren einmal über die Brückenlandschaft und dann fährt Achim nochmal alleine zurück und ich fotografiere unser Wohnmobil beim passieren der Brücke. 

Um auf diesem Weg nach Alesund zu kommen haben wir nochmal eine Fährüberfahrt. Es legt gerade eine Fähre ab und wir müssen auf die nächste warten. Perfekt, ich brate den gestern gekauften Fisch und mache einen Salat. Wir müssen uns allerdings beeilen und fahren fast noch mit vollen Backen auf das Schiff. Es ist nur eine kurze Überfahrt. Wir bleiben im Wohnmobil, essen fertig und ich spüle ab. Dann können wir bereits wieder ausfahren, um uns auf den Weg nach Alesund machen. Wir erreichen die schöne Stadt gegen halb fünf. Hier steppt der Bär, soviel ist los. Es ist sowohl Kirmes, wir sehen eine aufgebaute Konzertbühne und ein Festival ist in vollem Gange. Entsprechend verstopft ist es hier. Keine Chance auf einen Parkplatz für uns. Weder auf dem offiziellen Wohnmobilstellplatz, noch auf dem Campingplatz. Alle öffentlichen Parkplätze sind mit der uns mittlerweile bekannten Frist von maximal vier Stunden ausgeschildert. Doch noch wollen wir nicht aufgeben und unsere Handys glühen. Ich finde einen großen Platz am Ende einer Wohnsiedlung über dem Fjord und fahren auf engster Straße unserem Ziel entgegen. Allerdings mit wenig Hoffnung auf Erfolg. Doch wider Erwarten erreichen wir die riesige Parkfläche. Gott sei Dank, denn umdrehen wäre uns nicht möglich gewesen. Der Platz erweist sich als Glücksgriff, denn wir können mit den Hunden auf den angrenzenden Wegen eine große Runde laufen gehen.  Anschließend legen wir erstmal die Füße hoch. Wollen wir noch in die Stadt oder wollen wir nicht mehr? Wir sind doch etwas außerhalb gelandet. Für mich klar das wir wollen und so radeln wir runter. Erstmal fahren wir auf den Aussichtsberg Aksla und werden mit einem fantastischen Ausblick auf die Stadt belohnt.

 

Alesund, das Kleinod am Atlantik

Dann wollen wir uns den Stadtkern von Alesund, dem größten Fischereihafens Norwegens anschauen. Das Alesund trotzdem eine reizende Stadt ist, liegt an der großen Katastrophe von 1904. Ein großes Feuer hat den gesamten Stadtkern verwüstet und er deutsche Kaiser Wilhelm II. schickte sofort Hilfe. Vier Schiffe mit Baumaterial ermöglichten es Alesund wieder aufzubauen. Das Stadtbild ist geprägt von dem damaligen Jugendstil.  Dem großzügigem Spender ist die Keiser Wilhelmsgate und ein Denkmal gewidmet. Mittlerweile ist es ruhiger geworden in der Stadt. Wir fahren gemütlich zurück zu unserer Oase und lassen den Abend in herrlicher Ruhe ausklingen. 

Sonntag, 15. Juli

 

Heute Morgen sehen wir mehrere geführte große Fahrradtouren über den Platz fahren. Sie alle halten mit ihren Guides neben einem Wohnmobil hinter uns. Da sie deutschsprachig sind erfahren wir, das hier auf der vorgelagerten Insel Bunkeranlagen zu besichtigen sind, die früher zum Schutz von Alesund dienten. Den Massen nach sind sie von einem der riesigen deutschen Schiffe, die unten im Hafen liegen. "Mein-Schiff" und "MS Europa" haben angelegt. Für uns ein eher verstörendes Bild. Die Hurtigruten, das Wahrzeichen Norwegens passt ins Landschaftsbild. Ihre Größe ist übersichtlich und sie wirkt überhaupt nicht protzig gegenüber den anderen beiden Riesen. Als wir später durch Alesund fahren sehen wir nur noch Menschenmassen, die sich durch die Stadt bahnen. So, nun machen wir definitiv das, was gestern in uns keimte.  Bestimmt werden wir bald wieder nach Norwegen fahren. Dann wollen wir ausschließlich Südnorwegen bereisen und zwar in der Nebensaison. Deswegen werden wir nicht wie geplant nach Geiranger, Stavanger und Bergen fahren. Trondheim und Alesund waren bereits so überlaufen, deswegen biegen wir kurzer Hand ab in ruhigere, aber dennoch nicht weniger spektakuläre Fjorde. Nicht das wir glauben, das diese Meeresriesen in der Nebensaison nicht anfahren. Wir sind uns jedoch sicher, das in der Nebensaison zumindest die Stellplätze nicht mehr so hoffnungslos überlaufen sind, wie jetzt gerade in Trondheim und Alesund. So kann man die Riesen an sich vorbeiziehen lassen und die schönen Städte an den Fjorden dann besuchen, wenn die Schiffe wieder weg sind. Also gesagt, getan und wir ändern die Route und fahren in Richtung Jostedalsbreen Nationalpark in die Region Nordfjord. 

Zuvor haben wir noch zwei kleinere Fährüberfahrten. Wir können die Anzahl schon gar nicht mehr zählen, soviele sind es mittlerweile schon gewesen. Gegen 15 Uhr machen wir unsere Mittagspause und grillen Lachsfilet. Das selbst zubereitete Mittagessen an einem schönen Aussichtspunkt nahe der Route ist mittlerweile auch ein Tageshighlight. Meist ist man ganz alleine, hat eigentlich immer einen grandiosen Ausblick und bereitet sich sein Essen zu. In aller Ruhe wird gegessen, abgewaschen und noch einen Kaffee getrunken bevor es weiter geht. Und wie es weiter geht. Als ich 17 Jahre alt war ist mir sozusagen eine Norwegerstute zugelaufen. Ja, das gibt es tatsächlich. Gegenüber meines Elternhauses war (bzw. ist noch immer) eine Pferdekoppel. Da stand eine Norwegerstute, die im Besitz eines verwöhnten Mädchens war und  bei Hitze draußen stand ohne versorgt zu werden. Meine ganze Familie und ich haben Wassereimer auf die Weide gebracht und wir haben das Pferd in den nahen Stall gebracht, wenn es mal wieder tagelang vergessen wurde. Dies wurde zur Gewohnheit, denn man konnte sich auf uns verlassen. Letzendlich habe ich den Stall gemistet, gefüttert und geputzt. Reiten konnte ich bis dato nicht. Es kam wie es kommen musste und es wurde mir ein Ultimatum gestellt. Entweder ich übernehme die Stute, oder sie kommt nach Frankreich zum Abdecker. Was für eine Frage. Meine Eltern waren so großzügig und ich konnte völlig kostenlos und ohne Verpflichtung wohnen, selbst als ich meine Ausbildung beendet hatte. Lediglich für meine Twiggy musste ich selbst aufkommen und den Unterstand bezahlen. So bin ich also morgens vor dem arbeiten füttern gegangen, in der Mittagspause aus dem Kostüm in die Stallklamotten geschlüpft um Twiggy und den Stallkollegen Filou auf die Weide zu bringen. Nach knappen zwei Stunden  habe ich  geputzt und gestriegelt weiter gearbeitet. Tim kannte bereits aus dem Kinderwagen heraus den Pferdekopf. Der Kindergarten lag später praktischerweise auch auf unserem Weg. Ich konnte Twiggy und Filou am Zaun des Kindergartens anbinden und Tim mit den Kindern, die auf unserem Weideweg wohnten auf dem Pferderücken mit nach Hause nehmen.  Soviele schöne Erinnerungen hängen an dieser Norwegerstute. So machen wir einen Stopp an einem Norwegergestüt um die Stallungen zu besichtigen. Wild, ursprünglich, stolz und wunderschön sind sie und ich bin happy mal wieder in eine Pferdenüster zu blasen und sie zu küssen. 

 

Besuch auf dem Norweger Gestüt

Unser Ziel ist Loen. Dort fahren wir auf den Campingplatz und mal wieder sind wir beeindruckt von der Schönheit des Landes. Wir stehen an einem See, mit Blick auf den Jostedalsbreen Gletscher und hören die tosenden Wasserfälle, die von den hohen Bergen hinabprasseln. Wir stehen auf dem Sande Camping, denn die Möglichkeiten frei zu stehen sind begrenzt. Alleine die Zufahrt dorthin war ein Schauspiel und direkt vom Camping hat man mehrfache Aufstiegsmöglichkeiten auf die Berge. Doch das sparen wir uns auf für morgen und vielleicht bis übermorgen. 

Montag, 16. Juli

 

Wandern auf dem Hoven

 

Der Hoven erhebt sich 1011 Meter über den Meeresspiegel und liegt in der Kommune Stryn in der Provinz Song og Fjorden. Wir müssen mit den Fahrrädern zum östlichen Ende des Innviksford fahren, denn da ist die 2017 errichtete Seilbahn, die den Hoven mit dem Ort Loen verbindet. Wir kaufen die Tickets und fahren mit der Gondel fünf Minuten steil den Berg hoch. Die langen Klamotten im Rucksack hätten wir uns sparen können. Oben ist es genauso warm. Zuerst verweilen wir an der Absprungrampe unterhalb der Bergstation. Von hier aus starten die Gleitschirmflieger und rennen nach ein paar Metern steil herabführender Straße kurz in der Luft weiter, um dann in gemütlichen Bahnen langsam in das Tal des Fjordes zu schweben. Respekt und fast ein bisschen Neid vor ihrem Mut. Es sind alles Privatleute und wir können keinen gewerblichen Anbieter ausfindig machen für einen Tandemsprung. Ich hätte es mir wirklich überlegt. Achim will es auf keinen Fall und auch nicht das ich es mache. Doch die Frage stellt sich aufgrund fehlendem Angebot sowieso nicht. Von der Bergstation hat man mehrere Möglichkeiten loszuwandern. Wir entscheiden uns nicht für den Kletterpfad, sondern für einen sehr gut angelegten Wanderweg zum Skredfjellet auf 1155 Meter. Dieser Weg ist trotz der Höhen sehr gut zu gehen. Das Panorama aus dieser Höhe über die Fjorde ist bei dem herrlichen Wetter einfach nur gigantisch und wunderschön und das Kreuzfahrtschiff, das im Hafen von Olden liegt sieht von hier oben aus wie eine kleine Nussschale. Schneller als wir denken sind wir oben und so laufen wir weiter in Richtung Arheimsfjellet um weitere Ausblicke zu genießen. Es macht richtig Spaß, den im Gegensatz zu unseren bisherigen Touren läuft es sich entspannt, ja fast schon gemütlich weiter. Wir müssen keine hohen Fels- oder Steinplatten hochklettern, sondern können beim laufen sogar die Landschaft genießen. Da wir keinen Rundweg laufen, müssen wir den gleichen Weg auch wieder zurück. Zuvor verweilen wir noch etwas. 

Zurück an der Bergstation gehen wir Mittagessen. Wir sehen eine große Asiatische Reisegruppe direkt von der Gondel ins Restaurant laufen. Die Handys laufen heiß an den Scheiben des Restaurants und während des Mittagessens. Einen Schritt nach draußen setzen sie keinen, denn anschließend geht es mit der Gondel wieder nach unten. Wenn wir gewusst hätten, wie gut das hier zu laufen gewesen wäre, hätten wir die Hunde mitgenommen.  Wir kaufen noch ein und radeln mit etwas Unwucht durch die volle Einkaufstüte am Lenker zurück. Achim geht mit  den Hunden sofort baden und ich verstaue den Einkauf. Den restlichen Tag genießen wir bei schönstem Sommer- und Badewetter. Auch morgen wollen wir noch bleiben. Der Jostedalsbren Nationalpark ist so vielfältig und wir stehen einfach zu schön um weiterzufahren. 

Dienstag, 17. Juli

 

Fahrradtour zum Kjenndalsbreen 

 

Kjenndalen mit dem Kjenndalgletscher liegt am Ende des Totales, 17 Straßenkilometer von Loen und 15 Minuten Fußweg vom unteren Gletscherarm des Jostedal-Gletscher entfernt. Der Jostedal-Gletscher ist der größte europäische Festlandgletscher und ist in Nord-Ost-Richtung etwa 40 Kilometer lang und nach Süd-Westen 15 Kilometer breit. Die Eisschicht ist bis zu 500! Meter dick. Vom Plateau des Jostedalsbreen fließt das Eis über 28 Auslassgletscher in verschiedene Richtungen in die Täler. Der Kjenndalsbree ist einer davon. Bekannter sind der Brikstaasbreen im Westen und der Nigardsbreen im Osten. 1972 stürzte ein Kleinflugzeug auf dem Jostedasbreen ab. Der Pilot kam ums Leben und das Flugzeug konnte nicht geborgen werden. Es versank in den folgenden Jahren komplett im Schnee und Eis und ist nie wieder aufgetaucht. Für die Tour zum Kjennsdalsbreen nehmen wir also unsere Fahrräder und fahren auf der geteerten Straße vom Camping los. Sie ist eng und unübersichtlich, hat aber immer wieder Halte- oder Ausweichendbuchten. Die ersten 15 Kilometer kommen wir gut voran und es wird irgendwie immer wärmer, je weiter wir uns dem Gletscher nähern. Das Wasser im Fluss wird merklich grüner und erscheint einem eiskalt. Bei der Wärme hat man eher das Bedürfnis sich darin abkühlen zu wollen. Irgendwie passt das heute nicht zusammen. Die warmen Windböen erinnern eher an die heißen Mittelmeerregionen, als an unsere bisherigen Erfahrungen im Norden. Wir passieren das Café Kjenndalsstova und können mit dem Fahrrad an der Mautstelle durchfahren ohne zu bezahlen. Bereits von weitem sieht man den Gletscher, der von unzähligen Wasserfällen durchzogen ist von denen das Eiswasser in die Täler prasselt. An einem Picknickplatz ist für die Autos Schluss. Wir können mit den Fahrrädern über kleine Brücken und Stege noch ein bisschen weiterfahren, bevor auch für uns der Weg vor dem Geröll endet. Wir machen uns auf, um über Geröll und Steine entlang des Flussufers dem Gletscher noch näher zu kommen. So nah wie dem Svartisen kommt man dem Kjenndalsbren nicht. Zum einen warnt ein Schild vor Steinschlag und zum anderen bremst der tosende Fluss. Wir passieren das Warnschild und wandern noch ein Stück näher, bis wir nicht mehr weiterkommen. Der Wind und die Gischt des Wassers preschen uns um die Ohren, da es sehr heiß ist eine angenehme Sache. Wir wundern uns erneut, wie es sein kann das wir so nah an einem Gletscherausläufer stehen und mehr und mehr das Gefühl haben selbst vor Wärme zu schmelzen. Es ist das erste Mal seit Antritt unserer Reise auch schwül. Da wir das überhaupt nicht mehr gewohnt sind, ist es fast unangenehm. Wir hoffen (kein Witz!) auf einen kühlen August zuhause, obwohl wir zu der Fraktion je heißer je besser gehören. Oder vielleicht ab jetzt gehörten? Wir fahren zurück und kehren in das Café Kjenndalsstova ein und ich esse Fisch. Achim bestellt sich Rommegrot, ein traditionelles norwegisches Landgericht. Bei der Zubereitung wird die Romme (saure Sahne) aufgekocht und Mehl und Wasser beigemischt und aufgekocht. Die Butter, die sich dabei absondert wird abgeschöpft und es entsteht eine Art Brei. Beim servieren wird die Butter wieder darangegeben. Es wird mit Zimt und Zucker bestreut und mit Rosinen verfeinert. Die deftige Variante ist mit geräuchertem Schinken und Salami als Beilage. Auf einmal beep, das Handy meldet sich. Unwetterwarnung für Loen. Wir blicken in Richtung unseres Wohnmobilstandorts und es sieht alles ganz ruhig aus. Bewölkt aber nicht dunkel. Mich macht das wegen der Hunde im Fahrzeug nervös und wir essen schneller zu Ende. Okay, wir geben Gummi und nutzen die volle Unterstützung unseres Elektroantriebes aus. Beim Blick zurück sehen wir bereits den Gletscher nicht mehr richtig, weil es dort hinten bereits regnet. Ob wir es wohl schaffen werden? Wir heizen um die Kurven, brausen die Straßen herunter und strampeln fleißig wieder bergauf. Ungefähr 4 Kilometer vor unserem Campingplatz fängt es so an zu stürmen, das der Staub aufwirbelt und wir von plötzlichen Windböen erfasst werden. Achim brüllt nach einer kleinen Hütte:  weiteeeer!!! Also los, doch bereits wenige Meter danach ist die Weiterfahrt unmöglich und wir sind glücklicherweise an einer Haltebucht, wo ein VW-Campingbus steht. Wir werfen nur noch die Räder an den steilen Abhang und suchen Schutz hinter dem Fahrzeug, den der Wind kommt von der Seeseite. Bis jetzt sind wir noch relativ trocken. Selbst der kleine Camper wackelt im Sturm. Die ersten Blitze und Donnerschläge kommen, der Wind dreht und wir müßen zur Frontseite zum Bus. Doch nun prasselt der Regen von allen Seiten auf uns herein und es stürmt wie ab. Hier können wir definitiv nicht bleiben und weiterfahren geht auch nicht. Also müssen wir ausharren. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt ein Auto und Achim stoppt es erfolgreich. Wir haben riesiges Glück, denn die amerikanische dreiköpfige Familie nimmt uns mit zum Campingplatz, trotz das wir nur noch so vor uns hertropfen. Die Fahrräder lassen wir unabgeschlossen und in vollstem Vertrauen sie wiederzubekommen zurück. Wir bedanken uns ganz herzlich für die Hilfe und eilen schnell zu den Hunden. Bei uns ist alles in Ordnung, unsere Nachbarn haben den Tisch und die Stühle umgelegt. Nachdem wir uns frische Sachen angezogen haben warten wir das Ende des Sturmes ab. Selbst in unserer kleinen Bucht ist nun hoher Seegang. Das wahre Ausmaß des Sturmes sehen wir erst nachdem er vorbei ist und wir wieder aus dem Fahrzeug rausgehen. Selbst die kleinen Zelte sind fortgeblasen und die Vorzelte der Camper hat es der Sturm in sich zusammenfallen lassen. Die Premiumreihe an dem schön gelegten kleinen Damm des Platzes ist völlig überspült von Geröll. Die Wohnmobile müssen den Platz verlassen, da bereits kurze Zeit später ein Laster große Steine ablädt und ein Bagger das Geröll abträgt, mit den Steinen den Platz wieder herrichtet und neu befestigt. Eine Frau ist verletzt und wird vom Notdienst des Krankenwagens versorgt und abtransportiert. Das aufziehende Unwetter war also der Grund, das für uns die Wetterlage vor dem Kjenndalsbren nicht stimmig schien. Ich wasche die nasse Wäsche in der Waschmaschine des Campingplatzes und erfahre von einer Norwegerin, das dieses Unwetter total untypisch für Norwegen ist. Aus den Online-Nachrichtendiensten hat sie erfahren, das es ein Tornado gewesen ist. Also sind wir wieder um eine Erfahrung reicher. Später klart das Wetter auf und wir können den Abend draußen sitzen. 

Mittwoch, 18. Juli

 

Das gestrige Unwetter auf unserem Camping Sande in Loen können wir heute nochmals über die sozialen Medien nachschauen. Es kommt im Fernsehen und speziell über unseren Camping wird berichtet. Wir sehen Zelte über den See fliegen und die hohen Wellen am äußeren Damm wo die Wohnmobile in der ersten Reihe stehen. Auch den Tornado kann man gut erkennen. Wir scheinen wirklich riesiges Glück gehabt zu haben. Den Schutzengeln sagen wir tusen takk (vielen Dank)! Nach drei Nächten Aufenthalt an diesem schönen Flecken Erde wollen wir heute weiter. Wir wollen vom Nordfjord zum Sognefjord fahren. Das Sognefjord ist mit 204 Kilometer der längste und auch der tiefste Fjord Europas. Er hat eine Tiefe von sagenhaften 1300 Metern. Das ist so unglaublich, weil sich der Fjord gleichzeitig in den schmälsten Fjord Europas, dem Naerofjord verästelt und an den schmalen Stellen nicht größer wie ein See zu sein scheint. Die Fahrt nach Sogndal führt durch viele kürzere und lange Tunnels, ist aber sehr gut ausgebaut. Es geht über hohe Berge und leider verpassen wir nach dem Fjaerlantunneln anzuhalten, um einen längeren Blick auf den Boyabreen zu werfen. Er ist ein südlicher Ausläufer des riesigen Jostedalsbreen und von der Straße aus sieht er bereits sehr nahe aus. Da wir ihn unverhofft und unwissentlich passieren, sind wir zu schnell für das Foto. Später fahren wir auf eine nette Straßenblockade zu, denn eine große Schafsherde blockiert die Straße. Alle nehmen Rücksicht und passen sich dem Tempo der schönen Tiere an. Wir erreichen Sogndal um die Mittagszeit und auch hier fahren wir auf den Campingplatz Kjornes. Hier ist noch nichts los und wir suchen uns einen Stellplatz auf einer höher gelegenen Terrasse und haben einen schönen Ausblick über das Sognefjord. Ein erneut kurzer Gewitterschauer zieht genau dann über uns, als unser Mittagessen auf dem Grill fertiggeworden ist und wir verziehen uns zum essen nach innen. Hoffentlich haben wir nicht wieder einen solchen Sturm wie gestern. Wir haben Glück und können gleich wieder raus, als es aufhört zu regnen. Später radeln wir in die 3 Kilometer entfernte Stadt Sognedal, die uns überhaupt nicht anspricht. Es gibt ein riesiges Einkaufszentrum im Stadtkern und drum herum nur große, größtenteils neue Hotels und Feriensiedlungen. Wir erledigen nur unseren Einkauf und fahren zurück zum Camping und gehen mit den Hunden laufen. Es ist Beerenzeit in Norwegen und die wilden Himbeeren und Heidelbeeren sind zwar aufwändig zu pflücken, da sie sehr klein sind, haben aber einen sehr intensiven Geschmack. Auch die Hunde bekommen ihre Ration Vitamine während des Spazierganges ab. 

 

Fazit Sogndal:

 

wenn man auf der Suche nach einem schönen Campingplatz ist, dann lohnt sich der Aufenthalt auf dem Camping Kjornes wirklich sehr. Sogndal selbst würden wir allerdings nicht mehr anfahren, weil die Stadt keinerlei Ausstrahlung hat. Wer gerne Kanu fährt, kann von Sogndal aus an einer geführten Tagestour teilnehmen und Robben beobachten gehen. Das kommt für uns wegen der Hunde nicht in Frage, deswegen werden wir morgen weiterfahren. 

Donnerstag, 19. Juli

 

Da wir uns am größten Fjord Norwegens aufhalten, haben wir gestern Abend spontan beschlossen eine Fährüberfahrt durch den kleinsten Fjord des Landes zu buchen. Der Naeroyfjord ist ein Nebenarm des Sognefjords und nur 17 Kilometer lang. Wir haben die Überfahrt von Kaupanger nach Gudvangen um 10.30 gebucht. Eine gute Entscheidung wie sich zeigt, denn die Fähre ist voll. Der Fjord wird wegen seiner spektakulären Landschaft in den Sommermonaten gerne besucht und in den Sommermonaten fahren auch größere Touristenschiffe durch den engen Fjord. Zusammen mit dem Geirangerfjord wurde der Naeroyfjord ins Weltnaturerbe der UNESCO aufgenommen. Der Fjord ist geprägt von bis zu 1800 Meter hohen Felswänden links und rechts des Wassers. An der engsten Stelle ist er nur 250 Meter breit. Auf Grund von Steinschlaggefahr dürfen größere Schiffe ihr Horn während der Durchfahrt nicht benutzen. Aufgrund der Pflanzenvielfalt leben im Naeroyfjord Rentiere, Elche, Hirsche, Rehe, Polarfüchse, Luchse, Otter und auch Schweinswale. Auch über 100 Vogelarten sind zu meiner äußerst großen Freude hier beheimatet und nicht wenige davon stehen auf der roten Liste der gefährdeten Arten.  Die Überfahrt mit der Fähre dauert insgesamt 2,5 Stunden und ist nicht ganz billig, da wir das Wohnmobil mit verschiffen. In Gudvangen ist ein Wikingerfestival und wir sehen noch ein Wikingerschiff auf dem Fjord fahren. Da alle Parkplätze belegt sind, fahren wir weiter nach Flam auf den Campingplatz. Es ist sehr heiß heute und wir fletzen uns nur kurz in die Sonne, bevor wir den Schatten suchen. Wir lesen mit Schrecken, das in Schweden viele Waldbrände wüten und sogar außer Kontrolle geraten sind. Schwedens weite Wälder sind extrem großflächig und beheimaten logischerweise eine Vielzahl von Tieren. Wir hoffen sehr, das die Brände bald gelöscht werden können. Später laufen wir mit den Hunden zum Fluß, damit sie sich abkühlen können. Der Fluß hat ordentlich Strömung, denn es benötigt ordentlich Anstrengung, damit sie wieder ans Ufer kommen. Gegen Abend radeln wir dann nach Flam, da die zwei riesigen Kreuzfahrtschiffe die im Hafen liegen ablegen werden. Wir finden eine urige Brauerei und leisten uns ein teures und sehr gutes Bier (Ægir India Pale Ale) bevor wir wieder zurück zum Campingplatz radeln. Es ist ein sehr klarer Abend und wir können ihn draußen verbringen. 

 

 Freitag, 20. Juli

 

Mit der Flambahn von Flam nach Myrdal und mit dem eigenen E-Mountainbike zurück ins Tal

 

In keinem anderen Land das wir bisher bereist haben, gibt es ein so vielfältiges Outdoorangebot. Kurz: Norwegens Landschaft ist einmalig und spektakulär. Wer die Landschaft einmal gesehen hat, den lässt sie nicht mehr los. In jeder Ecke des Landes gibt es wieder neue Outdoor-Abenteuer zu entdecken. Die Vermutung liegt nahe, das es in keinem anderen europäischen Land soviel Natur und echte Wildnis gibt wie in Norwegen. Das macht das Land zu einem echten Paradies für Outdoorsportler. Angeln, Wandern, Kajak, Mountainbike, Klettern und Rafting. Dem Angebot sind keine Grenzen gesetzt. Nicht nur im Sommer sondern auch im Winter. Norwegen ist auch das Land der Wintersportler, denn hier wurde das Skifahren erfunden. Vor der Abreise haben wir uns überlegt, ob wir unsere E-Bikes wirklich mitnehmen sollen. Denn wenn man die Verläufe bei Fragestellung in den sozialen Netzwerken verfolgt, geht der Trend nur in eine Richtung. Viele haben ihre Fahrräder dabei, aber nicht einmal gebraucht. Diese Erfahrung können wir überhaupt nicht teilen, denn wir haben unsere Räder sehr oft in Gebrauch. Selbst in Nordnorwegen kamen sie trotz Schlechtwetterphase zum Einsatz. Egal ob zu Stadtbesichtigungen, oder Landschaftstouren. Wir würden niemals ohne unsere Fahrräder fahren. So auch heute wieder. Wir buchen gleich morgens am Fahrkartenschalter eine Fahrt mit der Flambahn nach Myrdal für 11 Uhr. Unsere Fahrräder werden gegen Aufpreis ebenfalls nach Myrdal transportiert. Hierfür müssen wir sie mit Etikett versehen beim Bahnhof deponieren. Die Fahrt kostet pro Person 390 Kronen und je Fahrrad 120 Kronen Aufpreis. Es besteht die Möglichkeit oben Mountainbikes zu mieten um damit ins Tal zu fahren. Die Flambahn ist laut dem "National Geographic Traveler Magazine" eine der aufregendsten Zugreisen der Welt und eine der bedeutendsten Attraktionen Norwegens. Entsprechend viel los ist hier auch . Die Flambahn ist auf Normalspur, also auf Gleisen und elektrisch geführt, eine der steilsten Bahnstrecken der Welt. Zu Anfangs geht es noch recht moderat den Berg hinauf , doch auf der Mehrheit der Strecke beträgt die Steigung 5,5%. Der Zug fährt in Flam, also am Ende des Aurlandfjords (Nebenarm des Sognefjords) los. Auf der Strecke nach Myrdal passieren wir 20 Tunnels bis wir in 870 Metern Höhe sind. Unterwegs halten wir an einem gigantischen Wasserfall und der Sage nach zeigt sich hier gelegentlich eine schönes weibliches Wesen, so auch uns. Mit ihrem Gesang will sie uns unwiederbringlich in ihre Unterwelt locken. Oben angekommen müssen wir uns nicht lange auf die Suche nach unseren Fahrrädern machen. Sie stehen unversehrt an der Sammelstelle und wir machen uns auf steilen Weg nach unten. Da der erste obere Teil nicht nur unbefestigt, sondern mit Geröll versehen steil nach unten führt, weist ein Hinweisschild darauf hin, besser zu laufen. Auch wir und alle anderen laufen mit angezogenen Bremsen, die Räder führend steil bergab. Dann werden die ersten mutiger und fahren mit den Füßen am Boden unterstützend nach unten. Wir laufen noch ein kleines Stück weiter, bis der Weg nicht mehr ganz so extrem steil ist. Da ich meinen ersten Sturz noch nicht ganz verdaut habe, sind mir meine Knochen einfach zu wichtig. Schließlich geht der Weg nur noch steil bergab, hat aber keine so engen Serpentinen mehr im Verlauf. So macht es auch richtig Spaß zu fahren und außerdem sehen wir auf dem Fahrrad die Landschaft viel besser als im Zug. Es geht entlang vieler kleiner und großen Wasserfällen und dem tosenden Fluß, der das glasklare eisblaue Wasser tosend ins Tal führt. Viele wandern auch bergab und auch die Möglichkeit das in Etappen zu machen besteht, da die Bahn mehrere Haltestellen hat, wo man zusteigen kann. Bald kommen wir an eine Geißenalm. Wir kehren ein in die Rallarrosa Stolsysteri, denn sie sieht urgemütlich aus. An der Theke eines kleinen Häuschens kann man Ziegenkäse, -milch und -salami Spezialitäten bestellen. Wir probieren eine gemischte Platte mit weißem und braunem Ziegenkäse. Eine Art Feta, ein Dessertkäse versehen mit Marmelade und Ziegensalami sind ebenfalls darauf angerichtet. Wir verweilen hier gerne und die zutraulichen Ziegen und das Islandpony lassen sich gerne von uns kraulen. Die Ziegen bleiben 6-7 Monate Tag und Nachts draußen zum weiden. Ebenfalls werden Gras- und Kräuter gemäht, welches im Winter an die Tiere verfüttert wird. Sobald der erste Schnee auf den Gipfeln der Berge ersichtlich ist, erfolgt der Abtrieb in die Stallungen ins Tal. In diesen Tagen ist dann die Straße für den Verkehr gesperrt. Gestärkt machen wir uns an die letzten Kilometer unserer Abfahrt und erreichen nach einer schönen Tour das Tal und den Bahnhof. Diese Tour können wir sehr empfehlen. Nun aber schnell zu den Hunden und da es sehr warm ist, geht es gleich an den Fjord zum baden. Auch heute liegen wieder zwei riesige Touristenschiffe im Hafen. Wir beschließen eine weitere Nacht in Flam zu bleiben und erst morgen weiterzufahren. Schön war es!

 

Samstag, 21. Juli

 

Mal schnell zum Stegastein Aussichtspunkt ;-)

 

Die letzte Woche unseres einfach nur ausnahmslos gigantischen Trips beginnt und wir wollen keine Zeit mit der Planung vergeuden. Lediglich die Richtung ist vorgegeben, denn über Oslo wollen wir nach Göteborg. Von dort geht die Fähre nach Kiel. So fahren wir einfach mal los und erreichen nach 10 Kilometer Aurland. Eigentlich sehen wir hier bei strahlendem Sonnenschein zuerst einen tollen Platz am Ufer des Flusses, der zum verweilen einlädt. Wir fahren weiter und sehen dann das Schild zum Stegastein-Aussichtspunkt. "Kenn ich" hör ich mich sagen, da fahren wir mal schnell hin. Sind ja nur ein bisschen mehr als 8 Kilometer. Okay, alles der Beschilderung nach. Unser Navi will irgendwie nicht mitspielen und so muß die Handynavigation herhalten als die Straße immer schmäler wird. Wir fragen uns, ob wir nicht falsch gefahren sind. "Nein, prima das passt" hör ich Achim sagen und dann steigen wir im wahrsten Sinne des Wortes auf. Himmel Arsch und Zwirn, in was haben wir uns da mal wieder hineinmanövriert. Schnell wird klar, es gibt mal wieder nur eine eine Richtung und die heißt: voooran!!! Die Straße ist schmal, also genauer gesagt so schmal, das genau nur ein! Fahrzeug Platz hat. Bereits am Anfang des Anstiegs hat das ein junges Pärchen erkannt und wir haben sie aufgesammelt und mitgenommen. Auch wir hatten kürzlich erst verzweifelt mit dem Daumen nach oben am Straßenrand gestanden. Ich bin froh um die Ablenkung, denn die beiden quasseln unbeirrt drauf los. Doch schnell werden auch sie ruhiger, denn nicht nur wir haben  die Idee hochzufahren. Hinter uns hat sich ein Mobil in Deckung begeben und  wir haben zudem immer wieder Gegenverkehr. Norwegens Straßen sind spektakulär, teilweise sehr eng und unübersichtlich. Aber- und das ist das faszinierendste, irgendwie gehts immer! Gegenseitige Rücksichtnahme, kein Streß, kein Hupen und keine genervten Gesten von Steuer zu Steuer. Hier wird rückwärts gefahren, ausgestiegen und beim rangieren geholfen, oder einfach rechtzeitig die vorletzte Ausweichbucht angefahren um den Gegenverkehr passieren zu lassen. Eigentlich können wir jederzeit auf den Fjord sehen, doch die Haarnadelkurven führen direkt am Abgrund entlang, der teilweise noch nicht einmal mit einer Leitplanke versehen ist. Ob wir es gefahren wären, hätten wir es gewusst? Unserer Unwissenheit sei Dank, denn wir werden mit einer fantastischen Ausblick belohnt. Wir gehen vom Parkplatz aus zu der 4 Meter breiten und 30 Meter langen Rampe, die sich 640 Meter über dem Meer befindet. Das Ende der Rampe wird durch eine Glasscheibe begrenzt. So hat man den Eindruck, direkt über dem Aurlandsfjord zu stehen. 

Jetzt können wir den Ausblick  genießen und wieder lachen, bis die Ernüchterung kommt! Da wieder zurück??? Never! Doch was jetzt? Irgendwie müssen wir ja irgendwo und irgendwann wieder runter. Also wieder: voooran! Diesmal geht die Rechnung auf. Die Straße wird breiter und wir passieren die Baumgrenze, also geht es nicht wie erwartet nach unten, sondern noch weiter nach oben. Vom Gefühl her könnten wir nun auf dem Mond gelandet sein, denn es ist eine Stein- und Gerölllandschaft. Wir befinden uns auf dem Snoveg und wir sehen viele Schneefelder. Kein Wunder, ist die Straße nur von Juni bis Mitte Oktober passierbar. Unter uns verläuft der praktische 25 Kilometer lange Straßentunnel (Der Gotthard ist 17 Kilometer). Den kann ja jeder fahren....! Wir halten an einem Aussichtspunkt an und die Hunde steuern zunächst das Schneefeld an. Sie toben und wälzen sich darin. Der Wind pfeift uns hier oben ganz schön um die Ohren und da wir kurz angezogen sind, fahren wir schnell weiter. Doch schon am nächsten Aussichtspunkt halten wir wieder an. Dann machen wir uns an die vergleichsweise einfache Abfahrt nach Lærdal. Die Straße ist nicht wirklich breit, aber es reicht um langsam aneinander vorbeizukommen. Ziemlich zum Schluss der Route kommen uns zwei ostdeutsche Sportwagen entgegen und wir lachen uns krumm beim Anblick der entsetzten Gesichter der Fahrer- und Beifahrerinnen. Gut, das auch sie nicht wissen was ihnen bevorsteht....!

 

Bevor wir unser Etappenziel für heute suchen wollen, rasten wir am Fluß und grillen frischen (gekauften) Fisch. Dann fahren wir auf den Campingplatz in Lærdal und relaxen. Alles gut gegangen und wir sind heile angekommen. Bei unserer Hunderunde sehen wir die wunderschöne Gamle Lærdalsøyri, also die alte Stadt. Sie ist noch gut erhalten und wir setzen uns auf die Terrasse eines Cafés und kaufen frische Himbeeren und Brötchen bei einer Bäckerei ein. Auch heute haben wir wieder einen herrlichen warmen Abend, den wir draußen verbringen können. 

Sonntag, 22. Juli

 

Heute Morgen ist es sehr warm und so stehen wir früh auf, starten noch eine kleine Aufräum- und Putzaktion und düsen los. Wir wollen heute schnellen Schrittes in Richtung Oslo, also haben wir seit langem mal wieder eine größere Tagesetappe zu bewältigen. Auf der Route liegt Borgund mit seiner schönen alten Stabskirche und wir machen alsbald einen ersten Besichtigungsstopp.

 

Die Stabskirche von Borgund 

 

Stabskirchen sind hölzerne Kirchen, die als Stabbau konstruiert werden. Der Stabbau ist ein Tragwerk aus senkrechten Stäben, auf denen die Dachkonstruktion gebaut ist. Stabskirchen sieht man in Skandinavien sehr häufig. die Stabkirche Borgund ist in der Kommune Lærdal und ist eine der ältesten Hozgebäude Europas. Sie befindet sich an der E10 am Fluss Lærdalselva auf 345 Meter über dem Meeresspiegel und liegt abseits von besiedeltem Gebiet. Sie ist neben der Kirche von Heddal als besterhaltene Stabkirche und die meisten Teile sind im Originalzustand und stammt aus dem 12. Jahrhundert. Das Holz riecht richtig alt, als wir uns ihr nähern. Neben ihr ist die heute genutzte Kirche und daneben der Friedhof. 

 

Anschließend fahren weiter in Richtung Oslo, denn unsere Tagesetappe beträgt satte 254 Kilometer. Das hört sich nicht viel an, doch seit 4 Wochen ist das tatsächlich die längste Etappe. In Norwegen kann man auf den meisten Straßen (zumindest die, die wir gefahren sind, nicht sehr schnell fahren. Sie sind eng, kurvig, unübersichtlich und viel befahren. Deswegen braucht man für 100 Kilometer schonmal 2,5 oder 3 Stunden. Diese Route jetzt ist aber gut ausgebaut, zwar viel befahren aber meist gerade und wir kommen gut voran. An einem See rasten wir und packen wie üblich den Grill aus. Später fahren wir weiter bis 40 Kilometer vor Oslo. Jetzt noch in die Stadt zu fahren macht wenig Sinn. Es ist heiß und wir wollen das schöne Wetter ausnutzen und einen Platz am Wasser anfahren. Wir fahren auf den Utvika Camping und gehen zuerst mit den Hunden zum See. Weiter hinten sehen wir eine große Fahrzeugkolonne, wundern uns aber aufgrund des Wetters und dem Umstand das Wochenende ist nicht weiter. Es ist traumhaftes Badewetter, also verständlich. Gegenüber von uns liegt eine größere bewaldete Insel, der wir keine weitere Beachtung schenken.  Wir werden von einem netten Herrn angesprochen, der auch einen Golden Retriever hatte und unseren beiden Damen beim baden zuschaut. Er fragt uns, ob wir von dem Massaker gehört haben. Massaker? Hilfe nein, nur von den Waldbränden die in Norwegen und vordergründig in Schweden ausgebrochen sind. Auch große Warnschilder entlang der Straßen und auf den Rastplätzen sind aufgestellt. Aber Massaker? Es stellt sich heraus, das er den Anschlag von 2011 meint.

 

Der Anschlag auf der Insel Utøya

 

Am 22. Juli 2011 hat der norwegische Rechtsextremist Anders Behring Breivik gegen norwegische Regierungsangestellte in Oslo und gegen Jugendliche in einem Feriencamp auf der Insel Utøya einen grausamen Anschlag verübt. 77 Menschen starben, darunter 32 von ihnen im Alter von unter 18 Jahren. Am frühen Nachmittag hatte die langjährige Ministerpräsidentin Brundtland dort einen Vortrag gehalten. Sie war ebenfalls Ziel seines Anschlages, hatte jedoch einige Minuten vor seiner Ankunft die Insel verlassen. Breivik trug eine Polizeiuniform und trommelte einige Jugendliche zusammen, angeblich um über den Osloer Anschlag, den er zuvor verübte, zu informieren. Dort hatte er eine Autobombe gezündet bei der 8 Menschen starben. Dann eröffnete er gnadenlos das Feuer auf sie und machte Jagd auf diejenigen, die über das Wasser flüchten wollten oder sich tot stellten. Er rief selbst die Polizei und stellte sich. Ein erstes Gutachten bescheinigte ihm Unzurechnungsfähigkeit, wurde aber kurzer Hand widerrufen und er bekam Höchststrafe. Der nette Norweger erklärte uns, das sein damals 86 jähriger Vater, der in einem der vorderen Häuser wohnte, wo wir gerade stehen, die Schüsse gehört hatte. Er konnte sie nicht zuordnen, da er nie auf den Gedanken gekommen wäre, das es ein Anschlag sei. Er ist heute 93 Jahre alt und erinnert sich immer noch daran. Heute, am Jahrestag des Anschlages ist der Ministerpräsident zu einer Gedenkfeier auf der Insel und wir hören kurze Zeit später ein trauriges Trompetensolo über den See. Auch die Fähre mit der Breivik zur Insel übergesetzt ist, können wir sehen. Das ganze ist sehr bedrückend und unvorstellbar. Für Norwegen war das die größte Katastrophe seit dem zweiten Weltkrieg. Wir wollen hoffen, das das so bleibt. 

Montag, 23. Juli

 

Kurztripp nach Oslo

 

Heute wird es wieder sehr heiß und es stellt sich uns die Frage, wie wir die letzte Woche unserer Reise verbringen wollen. Bis nach Oslo sind es ungefähr 40 Kilometer. Wir beschließen den Städtetripp davon abhängig zu machen, ob wir irgendwo stehen können, wo wir Strom haben für die Klimaanlage während die Hunde im Fahrzeug bleiben. Eigentlich wollen wir den Ekeberg Camping auf einem Berg über Oslo  anfahren. Doch als wir uns dem Zentrum von Oslo nähern, sehen wir den Wohnmobilstellplatz an der Marina und schauen ihn uns an. Er hat viele freie Plätze, man steht aber auf geteerter Fläche. Wir parken erstmal und erkunden mit den Hunden das Umfeld. Gibt es grüne Auslaufflächen und die Möglichkeit bei den heißen Temperaturen zu baden? Erstmal nein. Alles eingezäunt und kein Grün in Sicht. Doch dann sehen wir eine Lücke im Zaun und kommen vorbei am Ruderclub, wo wir sogar noch eine tolle Badestelle finden direkt in ein Naturschutzgebiet. Das ist ja super!!! Nach dem Lauf bezahlen wir die Gebühr von 300 Kronen für einen ganzen Tag. Kein Schnäppchen aber für einen Hauptstadtbesuch okay, denn mit den Fahrrädern sind wir nach nur 4 Kilometern Fahrt direkt im Zentrum von Oslo. Besser geht es nicht. Wir fahren auf einem gut ausgebauten Fahrradweg direkt mitten rein. Nebenan ist der Fußgängerweg und für mich völlig neu, eine gut frequentierte geschotterte Jogging- oder Laufspur. Zuerst sehen wir uns das Storting, das Norwegische Parlament an.

Anschließend fahren wir am wunderschönen Grand Hotel vorbei, einem wunderschönen Gebäude mit Stil.

Auch die für eine Landeshauptstadt eher übersichtliche Einkaufsstraße, die Karl Johans Gate ist schnell gefunden. Hier herrscht geschäftiges Treiben aber keinerlei Hektik. 

Nun wollen wir eines der bedeutendsten Bauwerke der Stadt anfahren: Die Oper von Oslo, welche unmittelbar am Hafen errichtet wurde. Die neue Oper gilt als größtes norwegisches Kulturbauwerk der Nachkriegszeit. Das moderne Bauwerk sollte sinngemäß der norwegischen Landschaft in das Stadtbild eingefügt werden. Die Fassade des Gebäudes besteht zu 90 Prozent aus weißem Carrara-Marmor. Das Abbaugebiet kennen wir aus unseren Italienaufenthalten. Tatsächlich vermittelt es wie geplant und gebaut den Eindruck einer riesigen Eisscholle auf dem Wasser.

Wir fahren weiter zur Festung Akershus, dem alten Schloss. Seit seiner Stilllegung werden die prunkvollen Räume von der norwegischen Regierung zu Repräsentationszwecken genutzt. Es dient aber auch als Freizeit- und Grünanlage. Hier essen wir im Restaurant frische Muscheln. 

Jetzt wollen wir zum Schloss in Oslo. Es befindet sich am Ende der Karl Johans gate und kommt ohne viel Prunk aus. Wir fahren mitten durch den schönen Schlossgarten und bekommen zufälligerweise die Wachablösung mit. Ein paar Tage vorher wurde hier der 45. Geburtstag von Kronprinz Haakon gefeiert. 

Nun aber zurück zu den Hunden. Wir gehen mit ihnen durch den bereits herbstlichen Wald und verbringen den ganzen Nachmittag im Schatten unseres Wohnmobils. Wir haben über 30 Grad in Norwegens Hauptstadt. Gegen Abend zieht es uns noch einmal ins Getümmel. Zuerst fahren wir zur Akaer Brygge, einem sehr neuen Stadtviertel gesäumt mit vielen gut besuchten Restaurants. Nicht so unser Ding und so geht es weiter zum Aussichtspunkt auf den Ekeberg. Von hier oben haben wir einen tollen Ausblick über die Hauptstadt Norwegens. 

Auf der Rückfahrt sehen wir den Barcode. Er besteht aus 12 Hochhäusern unterschiedlicher Breite und Höhen. Aus der Entfernung sollen sie einem Barcode ähneln. Durch das Konzept werden Werte wie Offenheit zum Fjord und Lichteinfall berücksichtigt. In den Gebäuden gibt es sowohl Büroräume, Wohnungen, Kulturangebote und eine Auswahl an Geschäften und Restaurants.... meins ist es definitiv nicht ;-)  doch jeder so wie er mag, solange ich hier nicht wohnen muss!! 

Dienstag, 24. Juli 

 

Kuztripp Oslo

 

Heute haben wir eine Besichtigung des königlichen Schlosses in Oslo gebucht. Hier in Norwegen kann sehr vieles online buchen und aufgrund des Besucherandrangs, den wir gestern vor dem Schloss gesehen haben, dachten wir dass es ratsam sei eine Führung vorab zu buchen. Sehr schade ist, das wir die Räumlichkeiten nicht fotografieren dürfen. Bereits gestern haben wir es von außen bestaunt und sind gespannt, wie es von innen aussieht. Es liegt am Ende der Karl Johans Gate, etwas oberhalb gelegen. Es ist Residenz von König Harald und Königin Sonja. Da sie im Sommer im Urlaub sind, öffnet das Schloss für Besucher seine Tore. Doch wo macht eigentlich ein König Urlaub? Erstmal vorweg: Norwegen ist ja ein riesiges Land mit einem unglaublich vielfältigen Angebot an Outdooraktivitäten. Die Norweger selbst sind extrem aktiv und im eigenen Land unterwegs. Ich habe selten so ein sportliches Volk gesehen. Meine Vermutung bestätigt sich, als ich mich mit einem Norweger unterhalte. Ich fragte ihn ob man als Einheimischer auch mal ans Mittelmeer fährt und sich 3 Wochen in den Liegestuhl legt. Keine Chance sagt er, denn die Norweger bleiben ihrem Land auch im Urlaub treu. Viel zu langweilig: only Norway! Das Königspaar ebenfalls? Nein, weit gefehlt. Der König ist mit seiner Yacht Sira, man glaubt es kaum, im schwäbischen Meer eingelaufen. Der 81-jährige König nimmt mit seiner Mannschaft an der Selgelweltmeisterschaft auf dem Bodensee teil und zeigt sich leger mit T-Shirt und kurzen Hosen. Ganz ehrlich? Mich wundert das nicht, sondern passt genau in mein Bild das ich von dem Land vermittelt bekommen habe. Bereits König Haralds Vater gewann olympisches Gold. Der amtierende König ist bereits zweimaliger Weltmeister im segeln. Bevor wir ins Schloss dürfen, müssen wir uns Plastikschuhe überziehen, werden nochmals auf das Fotoverbot hingewiesen. Auch darf nichts angefasst werden, oder sich auf Stühle gesetzt werden. Es ist sehr warm im Schloss trotz der hohen Räume und wir werden zuerst über großzügige Treppen in den Ministersalon geführt. Hier treffen sich jeden Freitag die Mitglieder des Staatsrates, dessen Vorsitz der König hat. Sie werden dann in den Staatsratssaal geführt und warten hinter den Stühlen des riesigen Tisches, bis sich die goldene Tür zu einem weiteren Saal öffnet aus der der König kommt und reihum jedes Mitglied begrüßt. Alle setzen sich, der König auf einen thronähnlichen Stuhl und der Ministerpräsident zu seiner rechten Hand. Kein Beschluss oder Gesetz des Staatsrates ist ohne Unterschrift und Gegenzeichnung des Ministerpräsidenten gültig. Da der König keinerlei Beschlußkraft hat, ist diese Unterschrift lediglich formell. Weiter geht es durch ein Gästequarier, das aus mehreren Sälen besteht, zum Vestibül. Es ist der Balkon, von dem sich die königliche Familie zu öffentlichen Anlässen zeigt und dem Volk zuwinkt. Von hier hat man den besten Blick die Promenade entlang nach unten. Wir dürfen ihn nicht betreten. Anschließend erfahren wir, das das Osloer Schloss im Vergleich zu anderen Königshäusern Europas sehr klein ist und somit werden bei offiziellen Anlässen die Gäste über ein paar Gänge zum Speise- und Ballsaal geführt. Es entsteht der Eindruck, das das Schloss viel größer scheint als es ist. So auch wir. Der Ballsaal ist sehr hoch und festlich ausgestattet. Der Speisesaal wirkt kleiner, bietet aber Platz für mehrere 100 Personen. Auch die Kapelle ist im Schloss integriert. Hier finden Taufen, Firmungen und königliche Zeremonien statt. Die Führung geht eine knappe Stunde und war sehr interessant und kurzweilig. 

Später radeln wir zu den Osloer Mathallen (Markthalle) um Muscheln zu essen. Hierfür müssen wir durch den alten Stadtteil fahren. Hier ist nicht sehr viel los. Bestimmt liegt das daran, weil sich alle im neuen sehr  steril wirkenden Teil der Stadt aufhalten. Da wir abends nochmal in die Stadt wollen, verbringen wir den Mittag mit den Hunden.

 

Frognerpark Oslo

 

Der Frognerpark ist ein offizieller Park Oslos und Teil des Guts Frogner. Der Park beinhaltet die Vigilant Skulpturenanlage mit zahlreichen Granit-Skulpturen des Bildhauers Gustav Vigelands. Es ist der größte Park in Norwegen und ohne Eintritt oder Zeitbeschränkung zu besichtigen.

Grünerløkka

 

Durch ganz Oslo fließt der Fluss Akerselva. Auf der Ostseite des Flusses liegt der Stadtteil Grünerløkka. Hier gibt es kulitige Cafés, Restaurants, Bars und Kneipen. Immer wieder ist der Stadtteil von Grünflächen durchzogen und überall liegen oder sitzen Menschen gemütlich zusammen. Hier feiern die Einheimischen unter sich und wir finden einen schönes Plätzchen mittendrin. 

Unseren letzten Abend in Norwegen wollen wir nicht mit schreiben und Bildbearbeitung verbringen. Wir genießen ihn von unserem Premiumplatz am Hafen in erster Reihe. Morgen geht es erneut über die Grenze nach Schweden. Mit Erleichterung sehen wir, das der Waldbrand bei Göteborg gelöscht ist. Tusen Takk Norwegen, du Perle Skandinaviens. Wir sehen uns bestimmt bald wieder.