Samstag, 06.Oktober
Wie bitte Samstag? Normalerweise treten wir doch unsere Reisen immer bereits Freitags nach dem arbeiten an. Wie kommt denn das? Unsere beiden Mamas haben nicht nur am selben Tag Geburtstag, nein alle fünf Jahre runden sie auch gemeinsam und am gestrigen Freitag war es wieder einmal soweit. Das ist oft sehr stressig, doch dieses Mal gibt es nur ein großes Fest. Nämlich Schwiegermamas 80. Geburtstag, den wir ordentlich gefeiert haben. Das Wohnmobil haben wir bereits am Donnerstag fertig bepackt und beladen und so fahren wir am Samstag früh beizeiten los. Es ist auf jedenfalls die entspannteste Anreise unseres diesjährigen Reisejahres. Frankreichs Autobahnen sind frei und da sie ja sehr gut ausgebaut sind, kommen wir gut voran. So ganz einig über unser endgültiges Ziel sind wir eigentlich noch nicht geworden. Wir haben insgesamt 2 Wochen zur Verfügung, somit können wir unseren Reiseradius eigentlich etwas ausdehnen. Die Camargue wollen wir unbedingt ansteuern, doch noch ist nicht sicher zu welchem Zeitpunkt. Bereits ab Lyon treibt uns unser guter alter Bekannter, nämlich der Mistral, eilig in Richtung Süden. Der Mistral ist ein sehr starker und trockener Wind, der durch das Rhonetal fegt. Seitlich begrenzt wird er von den Alpen und den Cevennen und erreicht Spitzen von bis zu 140 Kilometern die Stunde. Schwups werden wir an der Camargue vorbeigeweht und landen um kurz vor 17 Uhr, nach gefahrenen 810 Kilometern, in Gruissan. Das ist nicht weit von der spanischen Grenze. Es gibt hier zwei offizielle kommunale Stellplätze. "Les Quatres Vents" ist direkt am Yachthafen und direkt am Meer gelegen. "Le Plage des Chalets" ist über eine Landzunge direkt am Sandstrand der Ferienhäuser zu erreichen. Wir fahren zum Yachthafen und der Platz ist wie zu erwarten bereits sehr voll. Die Nacht kostet inklusive Dusche, Ver- und Entsorgung neun Euro. Normalerweise kann man wechseln zwischen den beiden Plätzen. Auf meine Nachfrage hin erfahre ich, das der Strandplatz bereits geschlossen ist. Wirklich sehr schade, denn das Wetter ist im Oktober noch so warm und schön und am Plage des Chalets kann man so tolle Strandspaziergänge mit den Hunden machen. Naja erstmal egal, heute wollen wir sowieso nur einen ruhigen Schlafplatz und den hat man am Plage des Chalets am Samstag Abend definitiv nicht. Nebenan ist eine Disco, deren Beat uns im letzten Frühjahr bis morgens nicht schlafen ließ. Wir finden einen Platz und machen uns einen gemütlichen ersten Abend. Zuvor kaufen wir uns in der Cave de Gruissan noch örtlichen Vin Blanc. Da es windstill und noch warm ist, können wir draußen sitzen bis wir ins Bett gehen. Bonne Nuit!!!
Sonntag, 07. Oktober
Wohl haben wir etwas Schlafdefizit, denn wir waren wir die letzten Wochen sehr eingespannt im Alltag und somit werden wir erst nach neun Uhr wach. Gut ausgeschlafen setzten wir uns mit unserem Kaffee in die Sonne. Achim hat auf seiner Morgenrunde Baguettes mitgebracht. Diese brauchen wir aber erst später, denn wir wollen mit den Fahrrädern in die Stadt fahren. Gruissan hat einen beschaulichen kleinen Altstadtkern. Die Gassen sind gesäumt mit kleinen Kunsthandwerkergeschäften und es gibt eine übersichtliche Anzahl regionaler Restaurants. Es ist bereits etwas los, denn es ist Sonntag. Anschließend machen wir uns mit unserem Baguette im Rucksack auf zum Strand und sehen, das hier Wohnmobile auf dem Parkplatz neben dem Wohnmobilstellplatz stehen. So wie es aussieht auch über Nacht. Wir fahren an den leerstehenden Chalets vorbei und kommen zu den Hallen der La Perle de Gruissanaise. Diese gehört ebenso wie die die Cave de Gruissan zu der Kooperative von Gruissan. Das ist vergleichbar wie bei uns die Genossenschaften. Letztes Jahr haben wir diese Perle, die im wahrsten Sinne des Wortes eine ist, gefunden. Man darf hier sein eigenes Picknick mitbringen und an den zahlreichen sonnigen Tischen auf der Terrasse verzehren. Doch außer Baguette brauchen wir hier nichts. Denn in den Hallen finden wir frische Austern, Crevetten, Muscheln und Meeresschnecken (die darf ich leider nicht.... Achim kann sie noch nicht einmal ansehen. Schaaaade, denn ich liebe dieses Glibberdinger). Wir bestellen Austern und Crevetten en grosse. Dazu gibt es Aioli und frische Zitronen und une demi litre Vin blanc. Ein Gedicht für die Geschmackssinne, da es frischer nicht geht. Wenn man diese Frische allerdings einmal genossen hat, ist es einem nur noch schwer möglich in irgendeinem Restaurant oder Marktstand Austern zu schlürfen. Die leeren Muscheln und Schalen lassen wir in den Eimer unter den Tisch ploppen. Wie auch schon beim letzen Mal, sind wir die einzigen unter lauter Landsleuten. Gut gestärkt radeln wir noch durch Gruissan. Es ist größer als wir dachten, denn der Tourismus hat auch hier Einzug gehalten. Die Bausünden am Strand sind zwar in beschaulicher Höhe und die Chalets mehr oder weniger verlassen, jedoch mag man sich nicht vorstellen was hier in der Hauptsaison los ist. Am Nachmittag nimmt der Wind wieder zu und wir setzen uns auf dem Stellplatz vor unser Wohnmobil in die Sonne. Die Hunde kommen natürlich auch auf ihre Kosten bei einem Spaziergang und Wellenbad im Meer. Wir sehen jedoch mit Entsetzen, das eine riesige Unwetterfront im Anmarsch ist und diese uns spätestens am Dienstag erreichen wird. Oui, bien sûr- wenn wir nur zwei Wochen zur Verfügung haben sind wir bekennende Schönwettercamper!!! Wenn man dem Wetterradar glauben kann wird es die Unwetterfront nicht über die Pyrenäen schaffen. Auf nach Spanien???? Das war eigentlich nie eine Frage für uns. Spanien hat uns noch nie wirklich als Reiseziel mit Wohnmobil gereizt. Zumindest nicht die Ecke bis Barcelona die wir bisher kennengelernt haben. Die riesigen Hotelanlagen, große Campingplätze mit allem Schnickschnack reizen uns irgendwie nicht. Mit dem Wohnwagen sind wir schon öfters in Spanien gewesen und haben Barcelona besichtigt. Vielleicht haben wir das Land einfach auch noch nicht richtig kennengelernt. Also schau mer mal wohin uns der Wind morgen weht.
Gruissan et La Perle de Gruissanaise:
Montag, 08. Oktober
Wir verlagern unser Frühstück kurzerhand nach vorne an den Hafen und besprechen die weitere Touretappe. Mittlerweile zeigt das Wetterradar Unwetter über den kompletten weiteren Landstrich an. Einschließlich der Pyrenäen bis runter nach Barcelona. Okay, die Pläne nach Spanien zu fahren haben sich kurzerhand erledigt, denn dieser Abstecher lohnt sich für uns wirklich nur mit guten Wetterprognosen. Wir packen trotzdem unsere Siebensachen zusammen und machen uns einfach mal auf in Richtung Autobahn. Kurz vor der Auffahrt auf die A9 zucken wir nochmal. Entweder en direction du Montpellièr oder Viva Espagna? Wir fahren links und hoffen auf weitere schöne Tage in Fronkraisch!!!
Abstecher nach Aigues Mortes
Kurzerhand entscheiden wir uns Aigues Mortes anzusteuern. Die Stadt gilt als eine der besterhaltenen mittelalterlichen Wehranlagen Europas. Eine riesige Stadtmauer prägt das Erscheinungsbild von Aigues Mortes. Bereits als wir die Brücke über den Canal du Rhône passieren sehen wir völlig verstopfte Straßen und vor den Stadtmauern das bunte Treiben eines Rummels. Prima, mal wieder geschafft. Wir platzen mal wieder genau richtig in eine Fête. Irgendwie schaffen wir das einfach immer. In Aigues Mortes ist es den Wohnmobilisten erlaubt auf dem P4 zu parkieren und mit einem 24 Stunden Ticket sogar zu übernachten. Direkt vor der gewaltigen Stadtmauer. Besser geht es wirklich nicht. Doch MERDE! Wir haben eine Straßesperre übersehen und sind verkehrt herum in eine Umleitung gefahren. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als auf kleinstem Raum unser Fahrzeug zu wenden. Es ist Zentimeterarbeit gefragt, denn Achim muss rückwärts in eine Minigasse fahren um zu wenden. Gemeinsam schaffen wir es. Er rangiert drinnen und ich scanne draußen alle vier Seiten. Oh Mann, so haben wir uns das wahrlich nicht vorgestellt. Wir fahren zwei Mal durch den zentralen Kreisverkehr und überlegen ob wir überhaupt bleiben sollen. Schlussendlich fahren wir andersrum um das Gemäuer und können den Parkplatz von der anderen Seite ansteuern. Er ist zwar gut belegt, aber wir finden problemlos einen freien Platz für unser Wohnmobil. Wir machen uns sogleich auf in die Stadt und stehen kurz nach passieren des Stadttores erneut vor mobil aufgestellten Gitterwänden. Eine laute Durchsage warnt uns vor dem Aufenthalt vor den Wänden, denn hier werden gleich Stiere begleitet von Reitern durch die alten Gassen der Stadt getrieben. Tradition hin oder her, so etwas mag ich überhaupt nicht. Meines Erachtens ist es völlig überflüssig, jegliche Art von Lebewesen unnötig Stress auszusetzen. Doch zu spät! Da kommen schon die ersten Vorboten. Mehrere Gruppen von Reitern galoppieren auf ihren wunderschönen Camarguepferden wild und schnell an uns vorbei. Dann kommt eine sehr geschlossene Gruppe, die eng beisammen in der Mitte zwei Stiere durch die Gassen treibt. Das Donnern der Hufe auf dem Pflaster ist gewaltig. Ein Spektakel seinesgleichen. Kein Wunder, das das soviele Landsleute anzuziehen scheint. Die Hunde nehmen das ganze gelassen hin, ich habe sie in sicherer Entfernung zur Absperrung ins Platz gelegt. Als der Kanonenschlag das Ende des Zeremoniells ankündigt passieren wir die Absperrgitter und überqueren die abgesperrte Straße. Wir bummeln durch die Gassen von Aigues Mortes. Seit unserem letzten Besuch hat sich das Erscheinungsbild etwas gewandelt. Viele neue Geschäfte haben eröffnet und mehrere ältere Läden sehen wir nicht mehr. Wer zum ersten Mal in Aigues Mortes ist, sollte unbedingt die riesige Stadtmauer umwandern. Nicht nur wegen der Aussicht auf den Canal du Rhône und die umliegenden Etangs, sondern auch um etwas über die Geschichte zu erfahren. Wir haben das bereits in einem früheren Aufenthalt gemacht. Mann kann sehr gut essen gehen in Aigues Mortes. Jedoch sollte man unbedingt den großen zentralen Platz mit den riesigen Restaurants meiden und in den Gassen in eines der kleinen Restaurants gehen. Wir entscheiden uns für das Restaurant Aromatik und treffen damit eine hervorragende Wahl.
Restaurant Aromatik Aigues Mortes
Gut gestärkt machen wir noch einen Spaziergang mit den Hunden rund um die Stadtmauern und kehren dann zurück zum Fahrzeug. Wir entscheiden uns heute Nacht hier zu bleiben. Gegen Abend füllt sich die Stadt und es ist mächtig was los. Es sind auch zwei mobile Tribünen aufgebaut. Hier finden die Stierkämpfe statt. Was da als Sport betrieben wird, könnte man schlichtweg als Tierquälerei bezeichnen. Denn es reisen Jugendgruppen an, die es sich zum Ziel setzen bei der Hetzjagd durch die Gassen die Stiere an den Hörnern zu Boden drücken. Man hört nicht selten von schweren Unfällen. Selbst schuld. Der französische Stierkampf ist unblutig, da der Torero lediglich dem Stier Quasten und Kokarden, die zwischen den Hörnern befestigt sind entfernen muss. Anschließend werden die Stiere wieder zurück auf die Weiden gebracht. Wir kommen gerade noch rechtzeitig zum Wohnmobil, dann beginnt es zu regnen. Den Abend verbringen wir im Fahrzeug.
Dienstag, 09. Oktober
Der Stellplatz vor den antiken Mauern Aigues-Mortes ist wirklich herausragend. Nicht nur wegen der Kulisse und der Nähe zur Stadt, sondern weil man hier zum einen trotz Parkplatzcharakters draußen sitzen kann und zum anderen sehr ruhig über Nacht steht. Gleichzeitig hat man die Möglichkeit der Ver- und Entsorgung. Aufgrund der Fête war der Platz auch nicht kostenpflichtig. Wir entschließen uns nach dem Frühstück weiter nach Les-Saintes-Maries-de-la-Mer zu fahren. Es sind nur ungefähr 30 Kilometer. Weiter durch die Etangs zu fahren um in die Zigeunerstadt zu kommen. In Saintes-Maries gibt es unglaubliche Kapazitäten für Wohnmobile. Den ersten Betonplatz vor den Toren der Stadt beim Camping Clos du Rhône, einen mitten in der Stadt auf einem extra dafür vorgesehen Parkplatz und den nächsten am Plage Est. Diesen steuern wir an, denn er liegt am Eingang der Etangs. Er ist aufgeteilt in zwei Bereiche. Im vorderen Bereich ist ein Parkplatz, leicht unterhalb des Strandes und im weiteren Verlauf der Sandpiste kommt man weiter hinten zu einer Grünfläche, welchen wir anfahren. So ruhig haben wir Saintes-Maries selten gesehen. Es stehen nur wenige Wohnmobile in der Stadt und auf den Plätzen. Die Preise sind überall gleich, man bezahlt 13 Euro inklusive Vor-und Entsorgung, Strom gibt es keinen. Nachdem wir uns eingerichtet haben, gehen wir mit den Hunden in das schöne Naturschutzgebiet. Es ist sehr windig heute und wir erfahren von deutschen Touristen, das es hier gestern den ganzen Tag geregnet hat. Da haben wir ja nochmals Glück gehabt. Zurück am Platz grillen wir und genießen die Sonnenstrahlen. Gegen Abend fahren wir mit den Fahrrädern in die Stadt zum einkaufen. Hier ist es sehr lebhaft und die Geschäfte, Bars und Restaurants haben fast alle offen.
Les-Saintes-Maries-de-la-Mer, die Zigeunerstadt in der Camargue
Die Stadt selbst hat gar nicht mal soviele Einwohner. Nur etwa knapp 3000. Doch vor allem an den Wochenenden ist Stes. Maries ganzjährig Ziel der Landsleute aus der näheren Umgebung und in der Hauptsaison lockt der Wallfahrtsort Scharen von Touristen an. Da zu der Gemeinde ein weitläufiges Naturschutzgebiet gehört, das sich bis an die Rhônemündung erstreckt, hat sie eine Fläche von 374 Quadratkilometer. Stes. Maries liegt also inmitten des Regionalen Naturparks der Camargue. Die Stadt selbst ist um die imposante Notre-Dame-de-la-Mer, so der Name der Kirche und des Wahrzeichens Stes. Maries gebaut. Bis heute finden zweimal jährlich Wallfahrten zu Ehren der schwarzen Sara statt. Sie ist die Schutzheilige der Gitans (das sind die spanisch stämmigen Sinti und Romas). In der Stadt herrscht dann Ausnahmezustand, weil alles anrollt. Es finden Prozessionen statt, bei der die festlich geschsmückten Gitans ihre Patronin ehren. Wir kommen gerne nach Stes. Maries. Zum einen wegen der wilden Stadt, die gerne auch von Künstlern oder Individualisten angefahren wird und zum anderen wegen des nahen Naturschutzgebietes. Auch ein Geheimtipp für Ornithologen, weil ma dort ganzjährig Flamingos und eine Vielzahl von Vogelarten antrifft. Die Geräuschkulisse frühmorgens und abends ist unglaublich eindrücklich. Leider stellen wir jedoch fest, das die Vogelscharen im Laufe der Zeit stark abgenommen hat. Wir hoffen noch auf Gelegenheiten den Vogelkonzerten zu lauschen.
Mittwoch, 10. Oktober
Okay, heute Nacht schlafen wir zwar ruhig, werden aber durch lautes Trommeln der Regentropfen und zunehmenden Wind geweckt. Die Wetterprognosen stimmen, denn auf dem Radar ist ein fetter Wirbel über dem gesamten Mittelmeerraum zu sehen. Wir haben die Qual der Wahl. Entweder wir sitzen das Wetter aus auf unserem naturnahen Stellplatz am Rande der Etangs, oder wir fahren zurück in die Stadt. Die Entscheidung wird durch zunehmenden Regen und auch Sturm beschleunigt, denn wir haben letztendlich gar keine andere Wahl als zurückzufahren in die Stadt. Die Zufahrt zu unserm Stellplatz ist nämlich aus Sand und hat viele Schlaglöcher, die bereits jetzt schon randvoll Wasser sind. Alle anderen Fahrzeuge haben bereits schon das Weite gesucht und auch wir fahren besser nach vorne solange es noch möglich ist. So stellen wir uns auf den Parkplatz mitten in der Stadt und warten auf besseres Wetter. Gegen Mittag klart es auf und wir beschließen in die Stadt zu gehen. Savoir-Vivre- gemäß der französischen Lebenskunst gehen wir richtig schön essen im Restaurant Chante Clair. Wir essen Stier- und Gemüsetartar und als Hauptgang Kabeljau. Dieses Restaurant können wir wärmstens Empfehlen. Es gibt Unmengen von Gastronomie in der Stadt und nicht überall kann man gut essen. Doch hier war es wirklich sehr lecker.
Das Wetter ist leider immer noch nicht besser und so müssen wir noch zwei Stunden warten, bis wir mit den Hunden laufen gehen. Jetzt ist richtig was los auf der Piste, denn scheinbar nutzt jeder die Regenpause um Gassi zugehen. Viel Zeit haben wir nicht, denn es fängt schon wieder an zu regnen. Zuhause ist übrigens bestes Wetter angesagt.
Donnerstag, 11. Oktober
Ein wunderschöner Tag beginnt und wir verlassen unseren Parkplatz in der Stadt. Zuvor füllen wir noch unseren Obst- und Gemüsereserven auf im kleinen Supermarkt nebenan. Unseren Kaffee trinken wir auf dem Stellplatz vor dem Strand und bezahlen zuvor 13 Euro für den Einlass. Auch unseren Wassertank füllen wir. Doch das Wasser scheint gechlort zu sein, somit werden wir es nicht mehr zum trinken verwenden. Für diesen Fall haben wir immer 8 Liter Kanister Volvic im Gepäck, welches wir dann als Trinkwasser verwenden. Doch nun endlich raus in Weiten des riesigen Naturschutzgebietes. Als erstes sind die Hunde dran. Wir machen einen tollen Spaziergang mit ihnen und haben auch Dummys im Gepäck, die sie freudig apportieren dürfen. Sie haben richtig Spaß in den Backen und toben sich freudig im Wasser und an Land aus. Es ist eine wahre Freude unsere beiden 8 und fast 10- jährigen Hunde so fit, fröhlich und vor allem so gesund zu sehen. Queenie und Tiffany bereichern unser Leben ungemein und wir sind immer wieder froh, sie an unserer Seite haben zu dürfen.
Grenzenloser Spaß für Tiffany und Queenie
Die Camargue hat sich verändert! Seit wir sie bereisen, stellen wir ungefähr seit zwei Jahren einen deutlichen Rückgang der Vogelpopulation fest. Die Flamingos, die hier ganzjährig in den Etangs gründeln haben sich zurückgezogen. Man sieht sie nicht mehr direkt neben den Hauptverkehrswegen und hört auch nicht mehr ihr freundliches "Ca va, ca va, ca va" in der Ferne. Vor ein paar Jahren noch schien es, als hätten die possierlichen Vögel jegliche Scheu vor den Menschen verloren, denn sie stolzierten direkt neben einem durch das Wasser. Doch der Run auf die Naturreservate scheint deutlich zugenommen zu haben. Wir merken zwar in der Nebensaison nichts davon, doch auch das Städtchen wirkt richtig herausgeputzt und scheint durch den Tourismus prächtig zu gedeihen. Doch wie überall auf der Welt respektiert nicht jeder die Natur und die darin wohnenden Tiere. Folglich ziehen sich die Tiere in die Unweiten der Etangs zurück, um ungestört in friedlichen Kolonien unter sich zu bleiben. Mit ein wesentlicher Faktor sind natürlich die sozialen Medien. Das tollste Bild möchte gepostet werden und ein möglichst großer Personenkreis erreicht werden. Je näher man am Geschehen dran ist, umso besser die Bilder. Als wir später mit den Fahrrädern weiter in das Gebiet hineinfahren scheitern wir gnadenlos. Ich zumindest..... !!! Aufgrund des Regens des vorangegangenen Tages, haben sich viele Pfützen gebildet. Unsere Mountainbikes werden ziemlich beansprucht und plötzlich kentere ich. Mitten im tiefsten Punkt einer riesigen Wasserlache. Ich kann gerade noch rechtzeitig abspringen ohne zu stürzen, lande aber mitten im Pfludder. Manche Dinge ändern sich einfach nie. Achim sieht von oben bis unten aus wie aus dem Ei gepellt und ich sehe aus wie Frau Flodder höchstpersönlich. Spaß gemacht hat die Tour allenfalls, auch wenn ich mit nem platten Reifen rauskomme. Vermutlich war ein scharfer Stein der Grund der Kollision. Nicht nur der Schlauch, sondern auch im Mantel meines Vorderreifens ist ein Loch. Außerdem habe ich mir übelst den Oberschenkelhalsknochen, oder eine Sehne daran geprellt oder gezerrt. Flamingos aus der Nähe haben wir auch fast keine gesehen. Diese veränderte Situation ist irgendwie erschreckend. Wir beschließen die Natur zu respektieren und werden auch nicht versuchen auf biegen und brechen Nahaufnahmen von den Vögeln zu machen. Wenn es sich ergibt werden wir uns in der Ferne positionieren um Fotos zu machen. Erschrecken oder gar aufscheuchen wollen wir sie nicht.
Die Natur zieht sich mehr und mehr zurück. Deswegen von uns lediglich Flamingos aus der Ferne!
Kaputter Fahrradreifen, geprellter Oberschenkelhals und trotzdem findet Frau Flodder: Es war ein herrlicher Urlaubstag, der jedoch auch zum nachdenken angeregt hat. Wir bleiben den Abend im Wohnmobil, da es hier am Strand noch sehr windig ist. Die Tage sind kürzer, der Sonnenaufgang über dem Meer ist erst kurz vor acht und um 19 Uhr wird es dann schon recht schnell dunkel. Deswegen schreibe ich auch nicht täglich, denn bei nur zwei Wochen will das gute Wetter ausgenutzt werden.
Freitag, 12. Oktober
Bonjour mit einem herrlichen Ausblick aus unserem Hotelzimmer am Strand. Das sind die unbeschreiblich schönen Farben des Himmels über der Camargue.
Les Couleurs de Camargue
Heute Morgen kann ich fast nicht laufen. Mein Oberschenkelhals schmerzt richtig und ich habe Mühe, keine falsche Bewegung zu machen. So ein Miep, das war ja nicht mal nicht ein richtiger Sturz.... Achim montiert nach einem schönen Frühstuck draußen erstmal den Reifen ab und wir laufen und humpeln in die Stadt. Mal sehen ob wir Glück haben und den Reifen repariert bekommen. Im ersten Fahrradgeschäft scheitern wir, doch beim nächsten haben wir Glück und können den Reifen in einer demi heure wieder abholen. Doch zuvor haben wir gesehen, das heute der traditionelle Marché stattfindet. Wieviel man doch auch wieder vergisst. Bei mir war fest Samstag als Markttag im Kopf. Umso erfreulicher. Wir kaufen frisches Baguette, Oliven, Tapendade, Käse und Salami ein. Beim Fischgeschäft holen wir noch frische Crevetten. Auf dem Rückweg holen wir noch meinen frischen und sauber montierten Fahrradreifen, für den wir 35 Euro bezahlen. Nach einem Mittagsvesper gehen wir mit den Hunden wieder die ausgiebige Strandrunde. So langsam habe ich mich wieder eingelaufen und das Humpeln wird weniger. Wir wollen nochmals mit den Rädern los und ich schwinge mich vorsichtig auf den Sattel. Super, es geht ohne weitere Probleme. Wir fahren diesmal nicht nach hinten über die Etangs am Plage Est, sondern durch Saintes Maries ein kurzes stück an der Straße entlang. Wir sehen ein Expeditionsfahreug mit geführten Touren in das Naturschutzgebiet abbiegen und folgen unauffällig. Wir landen in einem Gebiet mit riesigen Flamingoansammlungen und stellen die Fahrräder ab. Entlang eines Walles kann man die Tiere aus Entfernung beobachten ohne sie zu stören und aufzuscheuchen. Wir könnten auch noch näher dran, bleiben aber unserem Vorsatz vom Vortag treu.
Die Flamingos in den Etangs vor Les-Stes. Maries-de-la-Mer
Es ist Freitag und die Stadt beginnt sich erfahrungsgemäß zu füllen. Viele Einheimische aus der näheren Umgebung nutzen dies erfahrungsgemäß und kommen in einer Vielzahl in die Stadt. Wir radeln zurück und wir kurz vor der Stadt sind, werden wir auf unseren Fahrrädern gestoppt und gebeten zu halten. In der Arena war Stierkampf und wie auch schon in Aigues Mortes werden die Tiere nach dem traditionell unblutigen Ende des Kampfes zurück auf die Weide getrieben. Es reicht gerade noch um abzusteigen und die Kamera zu positionieren, da hören wir schon das schnell nährkommende Hufgeklappere und das halbe Dutzend Gitanes auf ihren wunderschönen Pferden treibt die kleine Stierherde souverän an uns vorbei in den Eingang der Weide, wo sie vom Rest der Herde bereits erwartet werden. Einfach immer wieder ein Spektakel das mit anzusehen, Wir gehen noch in einer der Bars am Hafen was trinken, bevor wir wieder zurück zum Stellplatz fahren. Ein weiterer toller Tag liegt fast hinter uns und wieder einmal stellen wir fest, das wir uns hier fast wie ein bisschen zuhause fühlen. Die Camargue mit ihrer wilden Schönheit hat uns schon immer sehr in ihren Bann gezogen. Abends hören wir dann im heimatlichen Telefonat von schweren Unwettern, die über Südfrankreich hinweggezogen sein sollen. Wir haben Glück gehabt, denn die Front ist über die östlichere Cote d Azur hinweggezogen. Auch über Mallorca und Sardinien gab es gewaltige Regenstürme. Auch wir behalten das Radar im Blick um notfalls wieder den Platz in der Stadt anzufahren. Dort steht man zwar nicht so schön, dafür aber etwas geschützter. Heute Abend können wir noch lange raussitzen. Es ist zwar noch windig, doch noch sehr warm und so gibts ne ausgiebige Runde Mensch ärgere dich nicht auf dem iPad.
Samstag, 13. Oktober
Heute findet eine richtig Völkerwanderung statt. Aufgrund des schönen Wetters nutzen viele Fahrrwadfahrer und Wanderer das Wochenende um an den Strand zu gehen, oder das Naturschutzgebiet zu erkunden. Wir nutzen den Vormittag um das Wohnmobil etwas vom Sand zu befreien und um die Bilder zu sichten. Mittags wollen wir grillen und anschließend eine gemütliche Runde mit den Hunden laufen. Auch heute ist es sehr warm, trotz das es bewölkt und etwas windig ist. Für die nächsten beiden Tage ist es ratsam das Wetter weiterhin im Blick zu behalten. Im Vergleich zum südlichen Mittelmeerraum ist bei uns zuhause scheinbar mindestens genauso schönes, wenn nicht sogar noch besseres Wetter. Es ist aber bisher immerhin so gutes Wetter gewesen um was zu unternehmen. Warum aber müssen wir aber die Wetterkarte im Blick behalten? Über Portugal und Spanien ist der Hurrikan Leslie (wir dachten auch wir haben uns verhört) hinweggezogen. Er hatte zwar nicht das Unwetterpotential wie angekündigt, trotzdem hat er großen Schaden angerichtet. Auf der Wetterkarte sehen wir ab morgen ein fettes Regengebiet mit Unwetterzellen, welches über uns hinwegziehen soll. Sehr wahrscheinlich Ausläufer des Hurrikans. Also werden wir besser heute Abend nochmals einen Blick auf das Wetter werfen. Vorher möchten wir natürlich den Tag nutzen und wieder unsere Touren starten. Nach dem Mittagessen gehen wir mit den Hunden los und anschließend radeln wir eine Runde. Es wird zwar zunehmend windiger, aber es bleibt trocken und noch lange sehr warm draußen. Wir setzten uns gegen Abend in eine Bar um was zu trinken und kaufen noch ein. Dann radeln wir zurück. Den Abend können wir draußen verbringen.
Sonntag, 14. Oktober
Einen stürmischen Guten Morgen!
Es ist bereits sehr windig und es hat ordentlich Seegang draußen. Die Gischt kommt immer wieder über die Mole. Beim Frühstück im Wohnmobil beratschlagen wir unseren Tagesablauf bis die Köpfe rauschen. Für die nächsten zwei Tage ist Regen und Sturm angekündigt. Das Radar zeigt leider auch heute keine wesentliche Besserung im Vergleich zu gestern. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt! Seit unserem Camperdasein haben wir noch nie ein Urlaubsziel vorzeitig verlassen. Uns blutet im wahrsten Sinne des Wortes das Herz. Doch als Herr Kontrolletti zum kassieren der Stellplatzgebühr klopft, sagen wir ihm das wir wegfahren werden. Doch wohin? Irgendwie macht alles keinen wirklichen Sinn. Um ruhigeres, sonniges Wetter zu haben, müssten wir bis über die Alpengrenze in Richtung Heimat fahren. Dazu haben wir überhaupt keine Lust. Ich scanne das Wetterradar und sehe zumindest ab Avignon ruhigeres Wetter. Nicht wirklich schön, doch keine Unwetterzellen mehr. Avignon? Mensch, das wäre doch ein prima Plan B!!!! Super, auf nach Avignon. Es sind nur 68 Kilometer und die sind schnell gefahren. Bereits wenige Kilometer landeinwärts haben wir bereits ruhigeres Wetter. Es windet kaum noch und der Himmel wird merklich heller. Wie es scheint doch eine gute Entscheidung. Wir steuern den super gelegenen Campingplatz Bagatelle an. Er liegt direkt am Ufer der Rhône und somit genau gegenüber der welberühmten Pont d Avignon und des Palais des Papes. Als wir mit den Hunden am Ufer der Rhône entlang flanieren, bietet sich uns ein tolles Panorama.
und erneut vom Winde verweht! Abstecher nach Avignon
Avignon ist eine tolle alte Stadt. Zumindest innerhalb der großen Gemäuer der riesigen Stadtmaueranlage. Von 1309 bis 1377 war Avignon Sitz der katholischen Päpste. Der Palais des Papas ist der riesige Papstpalast und eines der Wahrzeichen der Stadt. Er thront weit über der Stadt und man sieht in bereits von weitem. Der Palast gehört mit der Altstadt von Avignon zum Weltkulturerbe. Es ist eines der größten gotischen Gebäudes in Europa. Wir wollen ihn unbedingt besichtigen. Mehrere Päpste die hier residierten, fügten immer wieder riesige Anbauten hinzu, so das sich seine ursprüngliche Größe nach und nach verdoppelte und der Palast zu einem imposanten Bauwerk wurde. Ein weiteres Wahrzeichen der Stadt ist die Pont Saint-Bénézet, oder auch Pont d Avignon genannt. Das Bauwerk gab die Anregung für das berühmte Lied Sur le pont d Avignon und wurde bereits 1840 als Monument historique in die staatliche Denkmalschutzliste Frankreichs aufgenommen und ist ebenso UNESCO Welterbe. Im Ursprung wurde eine hölzerne Brücke erbaut, doch diese wurde bei einer Belagerung der Stadt zerstört. Auch ein steinerner Neubau wurde immer wieder beschädigt. Teils durch Hochwasser, teils durch Kriege. Schwere Beschädigungen durch ein Hochwasser im Jahr 1660 führten zu einer endgültigen Aufgabe der Brücke, so das nur noch 4 Brückenbögen erhalten bleiben. Sowohl der Palais des Papas, als auch die Brücke können besichtigt werden. Von einem früheren Aufenthalt kennen wir die Brücke bereits. Das Wetter in Avignon ist besser als erwartet und es bleibt den ganzen Tag trocken und auch warm und so radeln wir auch bald in die Stadt über die Brücke der Rhône. Es ist nicht weit und bald passieren wir das Stadttor und besichtigen die wunderschöne Altstadt Avignons.
Avignons historische Altstadt
Wir gehen Mittagessen in einem nette kleinen Restaurant in den Gassen der Altstadt. Es gibt riesige Restaurants auf mehreren zentralen Plätzen, doch das ist nicht so unser Ding. Wir haben Glück und bekommen vorzügliche französische Cuisine auf den Tellern serviert. Es ist sehr wenig los in der Stadt. Vermutlich liegt es daran, das Avignon auch kleine Einkaufsgassen hat mit exquisiten kleinen Boutiquen. Da heute Sonntag ist, haben diese natürlich geschlossen. Unseren Kaffee trinken wir dann mit Blick auf den Palais des Papas bevor wir uns auf den Rückweg zu den Hunden machen. Wir wollen abends nochmals los und in einer der netten Bars etwas trinken gehen. Wir können den ganzen Tag und auch abends draußen bleiben. Wie es scheint war es eine gute Entscheidung die paar Kilometer zu fahren und ein wenig Abwechslung und Kultur in unsere Herbstreise einzuflechten. Alles in allem ist es ein richtig schöner Tag.
Montag, 15. Oktober
Auch heute ist es trocken und wir können uns zum Frühstück raussetzen. Heute fahren wir bereits früher in die Stadt und trinken unseren zweiten Kaffee in der Altstadt Avignongs. Doch bald fängt es an zu tröpfeln, nutzen wir die Gelegenheit um den Palais des Papes zu besichtigen. Wir bezahlen 12 Euro pro Person Eintritt und werden mit einem super Audio-Guide inklusive Tablet ausgestattet. Gut gerüstet machen wir uns auf um die alten Mauern zu besichtigen. Unser Tablet liefert uns selbständig im jeweiligen Raum die dazugehörige Erklärung und an ausgewiesenen Punkten können wir Codes scannen, dann switcht die Anzeige wie in einer Art Zeitreise zurück und zeigt uns die Räume im Kameramodus, wie sie damals ausgestattet und eingerichtet waren. Nicht nur uns macht die Besichtigung Freude, sondern auch die ganzen Kinder haben ihren Spaß in der Schatzkammer des Palais virtuell auf Jagd nach Goldmünzen zu gehen. Insgesamt also wirklich ein rundum gelungener Zeitvertreib um den Regen zu umgehen. Dieser ist zwar noch nicht vorbei als wir fertigt sind und so setzen wir uns zum Mittagessen wieder in eines der kleinen Restaurants. Diesmal am Rande des kleinen Kirchplatz in der Altstadt. Mittags ist es bereits wieder trocken und wir können bis abends draußen bleiben, bevor es wieder anfängt zu tröpfeln. Zuvor nutze ich jedoch die Infrastruktur des Campingplatzes und wasche eine Ladung Wäsche. Ich komme mit einem sympathischen Herrn ins Gespräch und erfahre, das die Unwetter nicht nur heftige Wasserfälle mit sich brachten sondern es mindestens 10 Todesopfer in Südfrankreich gab. Es zog vor allem über das direkt benachbarte Departement Aude. Was ein paar Kilometer ausmachen..... Wir melden uns sofort zuhause und erfahren, das man sich bereits Sorgen gemacht hat, weil die Berichterstattung bereits in den Medien gewesen ist. Puuuuh, Glück gehabt. Was ein paar Kilometer ausmachen!!! Morgen wollen wir uns erneut überlegen wohin wir uns vom Wind hintreiben lassen. Doch zuvor:
Die Besichtigung des Palais des Papes in Avignon
Dienstag, 16. Oktober
Nach dem Frühstück fängt es an zu tröpfeln und auch im weiteren Tagesverkauf soll es in Avignon regnerisch bleiben. Wir entschließen uns wieder nach Saintes-Maries-de-la-Mer zu fahren um die restlichen Tage der verbleibenden Woche noch dort zu verbringen. Wir stellen uns zuerst auf den
Parkplatz in der Stadt. Es ist nicht mehr windig und hier regnet es auch nicht. Wir haben in Avignon sämtliche Akkus am Stromnetz des Campingplatzes geladen, denn für den restlichen Urlaub werden
wir wieder ohne externe Stromanschlüsse auskommen. Da wir Lust auf Raclette haben, gibt es zum Mittagessen den Käse aus der Pfanne auf dem Gasherd. Das funktioniert hervorragend, doch es geht
wesentlich schneller als das gemütlichen Brutzeln im elektrischen Gerät.
Juchuufidirallalaaa, das Wetter klart auf. Wir packen erneut zusammen und fahren auf den Stellplatz Plage Est. Ein einziges Wohnmobil steht auf dem riesigen Platz. Das ist ganz bestimmt ein seltener Anblick im Oktober. Als wir parken sehen wir auch den Grund. Das Meer ist über die Mole gekommen, denn die hinteren Plätze sind komplett von Sand bedeckt. Als wir uns mit den Hunden ins Naturschutzgebiet aufmachen, sehen wir erst richtig wie es hier gestürmt und geregnet haben muss, denn auch ganze Wegabschnitte sind mit Geröll bedeckt. Der Wasserpegel in den Etangs ist ebenfalls gestiegen, denn wir sehen die Flamingos teilweise wie Schwände auf dem Wasser schwimmen. Vermutlich ist das Wasser zum gründeln zu hoch. Das haben wir auch noch nicht gesehen.
Abends fahren wir noch eine Runde Fahrrad und gehen noch in die Stadt um was zu trinken. Wir sind gespannt, ob wir jetzt das Wettertief überstanden haben und noch ein paar schöne ruhige Urlaubstage hier verbringen können. Am Wochenende wird hier wieder was los sein, denn das zweite Pilgerwochende im Jahr steht an. Es werden die Sinti und Romas aus dem ganzen Land erwartet. Die Feierlichkeiten zu Ehren der schwarzen Sara sind für Samstag Abend und Sonntag Vormittag geplant. Schade, davon werden wir nicht mehr viel sehen. Wir wissen noch nicht wann wir fahren werden, doch spätestens Sonntag vormittag müssen wir los.
Mittwoch, 17. Oktober
Um halb zehn werden wir geweckt, weil "Frau Kontrolletti" die Parkgebühr einkassieren kommt. Na prima, fast den halben vormittag verpennt. Nach dem späten Frühstück laufen wir eine ausgiebige Runde mit den Hunden. Die Flamingos sind heute sehr nah an den Fußweg gekommen um zu gründeln. Das passt prima, denn wir wollen heute zum Leuchtturm La Gacholle auf dem Deich am Meer radeln. Achim packt die Kamera ein um Nahaufnahmen von den Flamingos zu machen. Die Fahrradtour von 12 Kilometern zum Leutturm ist anspruchslos, da ja alles topfeben ist und die Wege gut zu fahren sind.
Flamingos aus der Nähe
So, jetzt aber ab zum Leutturm La Gacholle. Er wurde im 19. Jahrhundert gebaut und im zweiten Weltkrieg teilweise zerstört. 1948 wurde er wieder in Betrieb genommen. Das Gebäude hat ein quadratisches Tummauerwerk, das hoch ist. 1996 wurde der Turm automatisiert und ist dank Solaranlage selbstständig in Betrieb. Vom Leuchtturm wären es noch 18 Kilometer weiter zu fahren um zu den Salinen von Giraud zu kommen. Doch für heute ist es schon zu spät und so radeln wir zurück.
Der Leutturm La Gacholle
Abends können wir richtig schön draußen sitzen. Es ist warm und windstill. Also Moskitoalarm. Das ist für die Camargue ja völlig normal und so ziehen wir uns lange Klamotten, damit wir nicht gepiekst werden.
Donnerstag 18. Oktober
Ein schöner Tag bricht an und auch heute ist es eher windstill. Heute wollen wir in den Parc d Ornithologie, ungefähr 6 Kilometer außerhalb Saintes-Maries. Hier leben eine Vielzahl Vogelarten, die man aus der Nähe beobachten kann. Es gibt keine Gehege oder Käfige, die Vögel leben
dort völlig frei. Außer drei große Eulen. Sie haben jedoch ein Handicap und können in der freien Wildbahn nicht überleben. Wir bezahlen 12 Euro pro Person und machen uns auf unsere Tour
durch den Park und haben immer wieder schön Fotomotive. Auch ein Biber, oder ein Nuria paddelt lustig an uns vorbei.
Besichtigung des Parc d Ornithologie
Heute wollen wir nochmals im tollen Restaurant Chante Clair essen gehen. Es gibt als Vorspeise Jakobsmuscheln und als Hauptspeise Fischsuppe nach Art des Hauses. Es hat super geschmeckt.
Nach unserer ausgiebigen Hunderunde fahren wir noch in die Stadt um einzukaufen und fotografieren noch den schön gestalteten Kreisverkehr mit der Kirchen von Saintes-Maries. Das Wetter ist jetzt seit ein paar Tagen sehr ruhig. Es hat kaum Wind und auch die Wolkendecke hat dem blauen Himmel Platz gemacht.
Freitag, 19. Oktober
Heute ist es bereits schon sehr warm und wir beschließen am frühen Mittag eine kleine "Kreuzfahrt" zu unternehmen. Am westlichen Strand nach Saintes-Maries fließt die Petit Rhône in das Mittelmeer. Wir kaufen unsere Tickets bei einem der beiden Stände im Hafen der Stadt und nehmen unsere Plätze am Aussendeck der des Ausflugsschiffes ein. Pro Person kostet die Tour 12 Euro. Wir legen pünktlich ab und fahren recht zügig entlang der Küste, bis wir an die Mündung der Petit Rhône kommen. Dort biegen wir ein und fahren die Rhone nordwärts entlang nach oben. Die Rhône teilt sich kurz vor Arles in zwei Arme. Die große Rhône fließt bei Port San Louis du Rhône ins Meer und die kleine Rhone werden wir befahren. Zwischen den beiden Punkte Espiquette im Westen und Baduc im Osten, jeweils 20 Kilometer entfernt von Saintes-Maries, nähert sich die Kontinentalplatte der Küste am nächsten. Daher ist das Meer hier sehr seicht und man muß mehr als 10 Kilometer ins Meer hinausfahren, um Tiefen von 20 Kilometer anzusteuern.
Die Vegetation der Camargue
Eine Besonderheit des französischen Mittelmeeres ist der hohe Salzgehalt. Ein Grund für die Errichtung der zwei großen Salinen, den Salzwerken der Camargue. Durch die hohe Sonneneinstrahlung verdunstet das Wasser sehr schnell und durch den hohen Salzanteil (30 Gramm pro Liter) ist die Salzgewinnung sehr ertragreich. Von hier bekommt das bekannte grobkörnige Fleur de Sel, welches gerne in der gehobenen Küche verwendet wird. Nahrung der Tierwelt wird durch den Zufluss des Süßwassers gesichert, da dieser reichlich Plankton und pflanzlicher Nährstoff zuführt. Kein Wunder also haben die zahlreichen Wasservögel genügend Nahrungsgrundlage. Die schwarzen Stiere der Camargue werden ausschließlich für den Courses Libre oder den Course Camargue, den Stierkampf, gezüchtet. Wir haben zwar bereits mehrere Hinweistafeln gesehen, die vor wilden Stieren warnen, doch ob es wirklich (noch) welche gibt, weiß ich nicht. Die Stiere weiden hier gemeinsam mit den Camargue Pferden. Es ist nicht gefährlich, obwohl die Stiere ihre Hörner einsetzen können. Die Pferde sind intelligenter und dominieren so die Herde. Vor allem die Farbe des Camarguepferdes ist interessant. Die Fohlen kommen fast schwarz auf die Welt und werden erst im Alter von drei Jahren weiß wie die Mutter. All das erfahren wir auf unserer Schiffsfahrt in Richtung der breiten Rhônemündung. Kurz nach der Mündung sehen wir bereits die wunderschönen kleinen Häuser am Rhoneufer, die mit liebevoll ausgestatteten Terrassen gestaltet sind. Alle haben ihr Bot an der eigenen Anlegestelle. Im weiteren Verlauf sehen wir dann noch die gemischten Herden der schwarzen Stiere und der Camarguepferden mit ihren Fohlen und Jungtieren.
Minikreuzfahrt auf der Petit Rhône
Der kleine Ausflug hat Spaß gemacht und wir wollen eigentlich noch in die Stadt, doch das Wetter ist sehr warm und so machen wir den Hunden lieber noch einen ausgiebigen Badeausflug.
Samstag, 20. Oktober
Wir beschließen heute noch zu bleiben und uns am Sonntag in aller Frühe auf den Heimweg zu machen. Da ich nächste Woche noch frei habe, ist es egal wenn wir spät nach Hause kommen. Wir genießen den Tag nochmal so richtig und verfaulenzen ihn größtenteils. Abends wollen wir uns aufmachen zum Strand um die Wallfahrt der Zigeuner (darf man das noch sagen?) am Strand mit anzusehen, die zweimal im Jahr zu Ehren der schwarzen Sara stattfindet. Wieso verehren die Sinti und Romas die schwarze Sara? Man sagt, das die drei Schwestern der heiligen Jungfrau Maria aus Palestinensa verfolgt wurden und auf einem Ruderboot im Meer ausgesetzt worden sind. Ein Sturm hat sie beim kleinen Rhôneufer an Land getrieben. Es ergab sich, das in einem Nomadenlager das junge Mädchen Sara von der Not der drei Schwestern träumte und ging in der Nacht an den Strand um den Marien zu retten. Die kleine schwarze Sara wurde getauft und blieb fortan als Dienerin bei den Marien. Aus diesem Grund pilgert das fahrende Volk zweimal im Jahr nach Saintes-Maries, um ihre Schutzpatronin, die Heilige Sara zu ehren. Bereits gestern haben wir vom Boot aus gesehen, das am Strand eine Bühne und Feuerstellen aufgebaut werden. Um 20 Uhr finden die Feierlichkeiten statt. Wir sind gespannt. Heute haben wir in der Stadt bereits Musikaufführungen der Sinti und Romas gesehen. Mittags gehen wir nochmals in unser Lieblingsrestaurant Chante Clair und verabschieden uns so langsam von "unserem" Saintes-Maries. Auch von unseren netten Nachbarn verabschieden wir uns herzlich, denn wir wollen morgen früh losfahren und sind uns nicht sicher ob wir sie anderntags nochmals sehen werden. Um 19 Uhr schlendern wir ein letztes Mal die Strandpromenade entlang nach vorne. Es ist bereits sehr viel los. Die Pelerinage scheint die ganze Stadt an den Strand zu locken. Aufgrund des Ansturms stehen wir relativ weit hinten und haben keine optimale Sicht. Achim kann besser über die Köpfe schauen. Von einer großen Bühne aus erklärt ein Herr in Landessprache die Geschichte und den Ursprung des Pilgerzuges. Parallel dazu malt eine Künstlerin auf mehreren Leinwänden vor dem Meer die Geschichte dazu und als Begleitung gibt es wunderschöne musikalische Melodien dazu. Mein Französisch reicht nicht, um alles zu verstehen, ich erkenne jedoch die Zusammenhänge. Parallel dazu wird die Geschichte aufgeführt. Wir sehen ärmlich und festlich gekleidete Sinti und Romas, sowie deren historische Gespanne. Damals zogen Pferde die massiven Anhänger. Auch werden Pferdeherden souverän und ruhig von den Guaridans durch das Gelände geführt. Dann erreicht das Schiff mit den Marien und dem heutigen Bischof von Arles den Strand. Dieser segnet alle Akteure und hält zum Schluss der Veranstaltung noch eine Dankesrede und stellt alle Gruppen vor. Insgesamt kann man es eher mit einer Aufführung für die Touristen vergleichen, wie ein Pilgerzug. Aber es ist ein tolles Spektakel und interessant und kurzweilig anzuschauen. Um kurz nach 21 Uhr sind wir zurück zum Platz und können den letzten Abend draußen genießen. Hier die Bilder zur
Die Pelerinage - der Pilgerzug der Sinti und Roma:
Sonntag, 21. Oktober
Wir stehen sehr zeitig auf und fahren bereits um halb sieben vom vollen Stellplatz los. Gestern Abend hat er sich noch fast komplett gefüllt. Ab diesem Wochenende hat Frankreich Herbstferien. Die Straßen sind leer und wir kommen supergut voran. Die 712 Kilometer laufen sehr zügig und so sind wir bereits um 14.30 Uhr zuhause, obwohl wir diesmal gegen den Wind fahren. Wir räumen noch aus und putzen das Wohnmobil innen, die Außenwäsche muß noch warten.
Das war es: unser Reisejahr 2018!!!
Es werden zwar noch kleinere Wochenendtrips folgen, denn wir wollen bestimmt noch den ein oder anderen Weihnachtsmarkt oder Städtetrip in nahen Umkreis anfahren. Es war ein unbeschreiblich schönes Reisejahr und wir haben mal wieder dazugelernt. Vor allem zum Leben. Mit Sizilien haben wir im Frühjahr bereits ein tolles neues Reiseziel erkunden dürfen, jedoch im Verhältnis zu den sonstigen Wetterverhältnissen war es oft regnerisch, trüb und teilweise kälter als bei uns zuhause. Die Insel selbst ist wunderschön und in der Nebensaison hatten wir wahres Paradies fast für uns alleine. Die Offen- und Herzlichkeit der Sizilianer ist schlichtweg nicht zu überbieten. Vom südlichen Europa ging dann unser großes Abenteuer weit hoch in den Norden Europas. Unsere acht wöchige Reise nach Skandinavien war in jeder Hinsicht einzigartig. Zum ersten Mal im Leben so eine lange Reise komplett selbst geplant und organisiert anzutreten, hat fast schon was magisches. Dann stand die Reise auch unter einem so guten Stern und wir fahren im Ausnahmesommer 2018 hoch bis ans Nordkap und sehen Adler, Wale und Puffins in freier Wildbahn. Außerdem werden wir immer wieder von riesigen Rentierherden begleitet. Schweden, Norwegen und Finnland. Jedes Land ist auf seine Weise einzigartig und wird, so Gott will, von uns nochmals bereist werden wollen. Diese Reise war ein sowohl ein Geschenk als auch eine Bereicherung für unser mobiles Reisen. Über unser Herbstziel waren wir uns dann schnell einig. In die Camargue zu fahren ist für uns fast ein wenig wie nach Hause zu kommen. Wir kennen uns recht gut aus und lieben sowohl das tolle Naturschutzgebiet, als lebendige Saintes-Maries-de-la-Mer in der Nebensaison. Immer wieder entdecken wir meist durch Zufall Neues, oder bekommen Tipps von Mitreisenden. Glücklich und erfüllt neigt sich nun unser Reisejahr zu Ende und der Winter steht an. Genug Zeit also um zu planen. Ob wir bereits Pläne haben für 2019 werden wir oft gefragt. Na klar! Auf jeden Fall geht die große Reise, die dieses Mal sehr wahrscheinlich "nur" maximal 3-4 Wochen Reisezeit beinhaltet wieder in den Norden. Vielleicht nach Schottland oder nochmal nach Norwegen, da sind wir uns noch nicht so sicher. Weiter haben wir noch nicht geplant. Erstmal muss die Reisezeit definiert sein, dann können wir konkreter planen. Wir freuen uns auf 2019 und werden. natürlich wieder einen Kalender mit den Highlights unserer Reisen drucken lassen.